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Attila Corbaci - Gute Geschäfte!
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Corbaci, Attila:
Gute Geschäfte!

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(Bücher frei Haus)

„Ihre Füße brauchen einen Rahmen, keinen Käfig“, prangt da auf einem einladenden Schild mit Piktogramm, das einen Schuh mit Fußbett zeigt. Auch die beiden Stadtpioniere werden auch ihrem Streifzug durch Wien, wohl den einen oder anderen Schuhmacher besucht haben. Eines haben sie jedoch sicher nicht gefunden, einen Metzger, denn das heißt in Wien Fleischhauer und davon gibt es nicht mehr besonders viel. Warum das Fleisch immer weniger gehauen wird, ist aber nicht dem Umstand zu verdanken, dass allzu viele Wiener zu Vegetariern mutiert wären, sondern den Supermärkten. Diese „Kathedralen der Moderne“ haben so manchem fleißigen Kleinunternehmer den Garaus gemacht und das Ergebnis ist nun, dass immer mehr Geschäfte leer stehen. Das führt dann zum Verfall der ganzen Infrastruktur, weil sich immer mehr auf einzelne Einkaufsstraßen oder Malls konzentriert, wo man dann „alles an einem Ort“ bekommt. Und wenn man dann durch Wiens klassische Viertel strawanzt, sieht man immer mehr verlassene Lokale, Leichen, scheene Leichn, denn wir sind ja in Wien.

Von Fleischhauern, Selchern und Schokoecken
Die „düsteren Winkel der Stadt“ haben die beiden Flaneure Attila Corbaci und Thomas Voburka mit ihren beiden Digitalkameras durchstreift, nämlich dort, wo man die „schönsten Leichen“ findet, in Wien. Mit Leichen sind jene Lokale im Erdgeschoß gemeint, die durch die unvermeidliche Globalisierung oder Gentrifizierung zusperren mussten. Vor allem Fleischer soll es getroffen, schreiben die beiden im Vorwort, in den letzten zehn Jahren hätten 80 (!) Prozent Konkurs angemeldet. Bei ihrer Erkundungsreise haben sie auch festgestellt, dass besonders in Gürtelnähe – der meistbefahrensten Straße Wiens – ausgerechnet die Bandagistengeschäfte gut aufgestellt sind/waren. Pelzhändler, Juweliere und Uhrmacher seien eher an der Peripherie angesiedelt und Gottseidank findet man auch noch die eine oder andere Konditorei, allerdings auch immer weniger Bäckereien. Dafür umso mehr Frisöre und Zuckerlgeschäfte, aber das wäre schon wieder eine andere Publikation, denn die Streuung dieser „Schokoladeecken“ ist beinahe schon absurd.

Die Unverwechselbarkeit einer Stadt
„Die Schönheit, der in diesem Buch abgebildeten Lokale und Geschäfte liegt an ihrer Eigenwilligkeit und fundamentalen Souveränität“, schreibt Wolfgang Müller in einem kleinen Essay und er hat Recht, es liegt eine entspannte Romantik in dem Betrachten dieser Fotos, denn nicht nur die Schilder und Aufschriften zeugen von einer vergangenen ruhigeren Zeit, sondern auch die Fassaden. Gerade das sollte es eigentlich, was die Besonderheit einer Stadt ausmacht, nicht die ewig gleichen Ketten, die jede Innenstadt wie jede x-beliebig andere aussehen lassen. Eine Stadt, die etwas auf sich hält, sollte genau dieses Kleinunternehmertun fördern und nicht die Großen, denn sie repräsentieren die eigentliche Identität einer Stadt, die sie dann für den Touristen so unverwechselbar macht. Und genau deswegen kommt er ja ausgerechnet in diese Stadt!

Zur Belebung Ihrer Infrastruktur: Urbanauts
Aber es gibt Hoffnung am Ende des Tunnels: die Urbanauts. Die drei Architekten haben es sich zur Aufgabe gemacht, gerade die verlassenen Gassenlokale zu revitalisieren und daraus Hotelzimmer zu machen. In einem ersten Showroom wurde letztes Jahr das Atelier einer Schneiderin präsentiert, das liebevoll die ehemalige Funktion der ehemaligen Schneiderwerkstatt in die Gestaltung des Hotelzimmers einfließen hat lassen. Weitere werden folgen. Das Geniale an dem Konzept ist natürlich auch, dass es andere Kleingewerbetreibende miteinbindet, denn es gibt z. B. keinen Frühstücksraum und keine eigentliche Rezeption im engeren Sinne. Der aufgeklärte Weltreisende ist also zwar vollkommen autonom beim Ein- und Auschecken, kann aber natürlich jederzeit Hilfe in Anspruch nehmen, zum Beispiel durch den vorhandenen Computer oder einen Anruf bei der Urbanauts-Zentrale. Ein nahegelegenes Hamam sorgt auch für ein Spa, wer eine Fitnesskammer sucht, wird ebenso fündig wie der Frühstücksuchende. So tragen die Urbanauts mit ihrem Projekt dazu bei, dass die umliegende Infrastruktur wieder neu belebt wird und neues Leben aus den Ruinen sprießt. Das nennt man Nachhaltigkeit! Wer also bei seinem nächsten Wien Besuch einmal etwas Außergewöhnliches erleben möchte, der checke ein bei www.urbanauts.at .

Attila Corbaci
Thomas Voburka
Gute Geschäfte!
160 Seiten, 21 x 16,5 cm
Durchgehend vierfarbig, Gebunden, € 16,90
Erscheinungsdatum:
23.02.2011
ISBN:
978-3-99300-030-1

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2012-06-18)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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