Die Geschichte der historischen „Minutemen“ geht noch vor die Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges zurück, nämlich als die USA noch eine Kolonie Großbritanniens war und nicht nur gegen Indianer, sondern auch Franzosen gekämpft wurde und bald eben auch gegen die Briten. Sie waren eine Milizeinheit, die jederzeit wenn Not am Mann war zur Stelle sein sollten, um die Freiheit der Kolonisten zu verteidigen, eben auch gegen ihr Mutterland. Die Minutemen wurden zwar von der Regierung mit Waffen versorgt, hatten aber keine Uniform, denn sie waren eigentlich nur Bauern, die ihren Besitz gegen Eindringlinge verteidigten. Man kann die Minutemen deswegen auch als Guerillakämpfer bezeichnen, weil sie nur eine leichte Infanterieeinheit waren und meist mit Muskete und Bajonett kämpften. Es war sogar jeder wehrfähige Mann zwischen 16 und 60 verpflichtet, seinen Dienst in der Miliz zu leisten. Als großer Unterschied zu regulären Armeen muss erwähnt werden, dass die Offiziere gewählt wurden und die Offiziere mit ihren Männern über das weitere Vorgehen sprachen, anstatt bloß Befehle zu verteilen. Die Minutemen spielten ab den Schlachten von Lexington und Concord im Jahr 1775, des ersten Kampfes des Unabhängigkeitskrieges, eine immer wichtigere Rolle für den neu zu gründenden Staat „Vereinigte Staaten von Amerika“.
Prequel nach Vierteljahrhundert
Nach fast einem Vierteljahrhundert folgt auf Alan Moore’s Watchmen nun eine neue Serie mit Prequels, wovon das vorliegende „Minutemen“ von Darwyn Cooke nur eine ist, die komplette Miniserie 1-6 in einem Band. Erzählt wird die Geschichte der Vereinigung kostümierter Verbrechensjäger aus den 40er-Jahren im Rückblick, denn einer von ihnen (es wird hier nicht verraten wer), hat eine Autobiographie geschrieben über sein Leben bei den Minutemen und als Superheld. „Nichts als die Wahrheit“ steht darin und natürlich tut genau das am meisten weh, denn es ist imageschädigend und die meisten seiner KollegInnen sind böse auf den neuen selbsterwählten Buchautor. Die beiden Erzählebenen werden sehr interessant und spannend verknüpft, etwa wenn die einzelnen Charaktere vorgestellt werden. „Von uns allen war Ursula die einzige, die wirklich etwas Sinnvolles tun wollte. Sie kam aus Österreich, nachdem es die Nazis `heim ins Reich´ holten und auch dort ihren Terror verbreiteten.“ Aber auch die tapferste Kämpferin der Minutemen hat ein dunkles Geheimnis zu hüten, was diesen Comic wohl etwas weniger jugendfrei macht, als zunächst erwartet.
Gut gemeint ist nicht gut
Wer unschuldig ist, werfe den ersten Stein, das prangt zwischen den Zeilen dieser Erzählung von außergewöhnlichen Superhelden, die alle selbst nur Menschen aus Fleisch und Blut sind. In einem Bild werden die stürzende Ursula und ein von ihr beschütztes Kind wie Insekten in eine Glühlampe gezogen und dieses Bild zeigt wohl auch die Vergänglichkeit jeden menschlichen Strebens, das auch immer zum Licht strebt, aber dort schließlich verbrennt. Selbst wenn man das Gute bezweckt, ist man manchmal gezwungen das Böse zu tun, wie auch Sally und Eddie bald erkennen müssen. Oft ist das Gegenteil von „gut“ nämlich „gut gemeint“ oder es erfüllt nur einen Selbstzweck, der durch die Mittel geheiligt wird. „Minutemen“ zeigt, dass auch Superhelden Gefühle haben, Schwächen, die sie verstecken, um der Welt glauben zu machen, dass es Menschen gibt, die größer sind als sie, zu denen sie aufschauen können, damit der Mythos bestehen bleibt, dass es auch Exemplare ohne Sünde gäbe. „Warum liebst du mich nicht?“, frägt Ursula und jeder weiß, wem diese Frage gilt, denn auch Superhelden glauben an einen gerechten Gott. „Minutemen“ waren auch eine kalifornische Hardcore und Punkband bei SST, die heute vor allem durch ihren Song „Corona“, welcher als Titelmelodie der MTV-Serie „Jackass“ fungierte. Ihr Stil wurde von ihnen selbst als „econo“ bezeichnet, also „economical“, das genaue Gegenteil dieses üppig und aufwendig gestalteten „Minutemen“-Comics. Freiwillige vor!