„Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, diesen Hass in Liebe zu verwandeln“, sagt ausgerechnet Tanatos, der Teufel in Person, zur Geliebten des Privatdetektivs Louis Victor, Melanie. „Ich werde ihnen das herrlichste aller Spektakel bieten“, so Tanatos, und hofft, sich damit ihre Liebe kaufen zu können. Aber kann Hass sich in Liebe verwandeln? Ist es nicht zumeist vielmehr umgekehrt?
Tanatos, der Skarabäus, der teuflischer als der Teufel ist und dessen Anhänger auch ein großes, eingekreistes anarchistisches „A“ auf der Brust tragen, ist wieder zurück und das - wie man onomatopäisch anmerken dürfte - tatsächlich mit vollem „Karacho“. Dem Meisterschurken, der sich mit Hilfe des Ersten Weltkrieges schon in Band 1 dieser „All in One“ Serie bereichert hat, will in seinen beiden neuen Abenteuern in Band 2 nichts Geringeres als die Fortsetzung des Krieges, des einen „langen“ Krieges. Dazu benötigt er die Geheimwaffe „Apollyon 9“, die eigentlich die Europäer gegen die Deutschen einsetzen wollen, um den Krieg zu beenden, doch Tanatos entführt diese Waffe, um damit erst recht einen neuen Krieg, allerdings gegen Frankreich, zu entfachen. Schließlich schwebt ihm ja auch die Zerstörung von Paris als Fanal des neuen Weltenbrandes vor. Allein der Gedanke daran müsste eigentlich schon bestraft werden, doch nichtsdestotrotz setzt Tanatos seinen Vernichtungsfeldzug gegen die Welt ungehindert fort. Er will nämlich vor allem die Regierungen und Militärs brüskieren. „Sehen sich mich nicht so an“, sagt er zu Melanie, „ sie sollten lieber die Politiker hassen, die Militärs, die Bankiers…Sie sind es, die die Welt regieren und sie dabei ausbluten lassen.“ Sein anarchistisches Gedankengut dient freilich nur als Rechtfertigung für seine persönliche Bereicherung und Machtakkumulation, denn wie allen Verrückten der Welt schwebt ihm neben der Zerstörung Paris` ganz nebenbei auch die Weltherrschaft als Endziel vor. „Tanatos ist fähig, einen Stummen die Marseillaise singen zu lassen.“, so einer von denen, die ihn am meisten fürchten. Doch noch gibt es Hoffnung, denn Louis Victor heftet sich an die Spuren von Tanatos und zeigt alles, was er bei Fiat Lux gelernt hat: „Die Motivation ist der Motor der Tat.“, sagt derselbe Louis Victor, der – nach dem ihm seine Liebe geraubt wurde – sich freiwillig den Strick um den Hals legt. Zur Freude von Tanatos ist sein einziger ernstzunehmender Gegner nämlich auch noch zum Alkoholiker geworden. Was der Verlust einer Liebe doch aus einem Menschen machen kann! Vielleicht ist es auch dem geheimnisvollen Tanatos, dem Mann hinter der Maske einmal so ergangen? Sein Selbstbild fällt jedenfalls durchaus bescheiden aus: „Aber ich bin doch nur ein Tropfen Öl. Der sich in das Räderwerk dieser Maschinerie namens Gesellschaft stiehlt.“, aber auch er weiß, dass „Humor oft nur der zynische Ausdruck der Wahrheit ist“. Seine Gegner denken darüber freilich anders.
„Sicherlich, Herr Minister. Doch in diesem Fall reden wir von Tanatos, nicht von einem gewöhnlichen Halunken. Er hat uns diverse Male die Komplexität seiner Operationen bewiesen. Dieser Teufel jagt niemals nur einen Hasen zur Zeit. Er erweckt an einer Stelle unsere Aufmerksamkeit und schlägt an einer anderen zu. Er ist ein gefährlicher Manipulator.“ Aber wird er es ihm auf diese Weise auch gelingen, die Liebe von Melanie zu bekommen? Natürlich wird auch diese „All in One“ Serie irgendwann einmal fortgesetzt werden und man darf heute schon mit Spannung darauf warten, denn nicht nur die Zeichnungen vom „offiziellen Marinezeichner Jean-Yves Delitte sind atemberaubend – man denke dabei nur an das Luftschiff „Fantom“ – sondern auch das Storytelling von Didier Convard, das immer wieder für Verwirrungen sorgt und das „letzte Moment der Spannung“ vollends auskostet.
Tanatos 02
Das Geheimnis der Lusitania / Gefahr über Paris
ALL IN ONE
Didier Convard, Jean-Yves Delitte
zweiter Zyklus
Hardcover
Altersempfehlung: ab 14
Seiten: 112
Originalverlag: Glénat
ISBN: 978-3-7704-3336-0
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2011-07-23)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.