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Nicholas Christopher - Das verlorene Bestiarium
Buchinformation
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Christopher, Nicholas:
Das verlorene Bestiarium

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(Bücher frei Haus)

Wo die Fantasie dem Leben Richtung gibt

Ein Entwicklungsroman über Jahrzehnte hinweg, so kann man die Geschichte, die Nicholas Christopher erzählt, am ehesten beschreiben. Eine Geschichte, in der sich Fantasie und Realität, Suchen und Finden, Fabelwesen und menschliche Charaktere in bildhafter, bunter und hochwertiger Sprache vermischen. Die Geschichte einer Reise zu sich selbst, die eben lange dauert und fast ein halbes Leben lang braucht.

Auf eine abenteuerliche Reise nimmt der Autor den Leser mit, auf der vor allem Innenwelten erkundet werden im Ablauf des äußeren Geschehens und das Wissen über sich selbst von Seite zu Seite wächst. Ein Wissen, dass nur schrittweise jener erlangt, der die Sehnsucht über die Bitterkeit und Behaglichkeit stellt. Wie es die Hauptfigur des Xeno Atlas (welch wunderbare und bereits mythisch angehauchte Namensgebung) im Buch fast wie getrieben vor Augen stellt. Einer, der durchaus zu Recht Fantasiewelten schon früh betritt.

Jener Xeno, dessen Mutter bei der Geburt starb, dessen Vater, der Seemann, diesen Tod nicht verkraftete und der vom kleinen Xeno als „brüllende Bestie“ geschildert wird. Der ihn verlasen wird, zuvor aber auch leibhaftig in Form einer Tätowierung die schaurige Faszination einer mythischen Seeschlange in den Raum setzten wird. Dessen Großmutter ihm quasi bereits mit der Muttermilch Geschichten erzählte, bevölkert von fantastischen Geschöpfen, Bestien, Fabelwesen, Tieren. Geschichten, die sich Xeno einprägen und ihn sein Leben lang nicht mehr loslassen werden. Eine „Welt in und hinter der Welt“, mit der Nicholas Christopher fantasievoll spielt, die Grenzen zwischen Realität und Fiktion spielend ausbalanciert und immer wieder darauf zurückkommt, dass wir Menschen mit einem Teil von uns immer in jenem Raum zurückbleiben werden, den wir zuerst bewohnten.

So wächst Xeno auf, erweist sich als hochbegabter Junge und es verwundert nicht, dass ihn die Geschichte des „Karawanenbuches“ in den Bann zieht, von der in der Schule hört. Eine bildhafte Sammlung all jener Tiere, die zu Sintflutzeiten nicht auf die Arche Noah mitgenommen wurden und die nun als Fabelwesen die Fantasie der Menschen bevölkern. Auf die Spur dieses „Bestiariums“ wird sich Xeno für Jahrzehnte setzen und auf seiner Suche nicht nur verschiedene, geographische Orte mitsamt ihrer besonderen Atmosphäre aufsuchen, sondern auch Zeitgeschichte wie den Vietnamkrieg oder die 60er und 70er erleben. Zudem immer wieder Begegnungen in besonderer Form mit realen Tieren und, eben, Fabelwesen erleben. Immer sprachlich souverän den innersten Kern jener Ereignisse und Lebenswelten durch Christopher offenlegend und als weiteren Stein und Puzzlestück der Suche nach sich selbst hinzufügend, bis auf Kreta sich beginnen, die Kreise zu schließen und auch der Vater noch einmal, wenn auch nicht leiblich, den Lebensraum Xenos betreten wird.

Auf diesem Weg wird der „Raum“, den er als erstes bewohnte, ein stetiger Begleiter sein, denn auch die Geschichte seiner italienischen Großmutter wird an hervorgehobenen Orten im Buch eine gewichtige Rolle spielen, ebenso wie die Liebe. Auch hier passt der Hinweis auf jenen ersten Ort im Leben eines Menschen, die Herkunftsfamilie und die Kindheit. Denn irgendwann findet sich Xeno mit seiner Begleiterin Lena in der alten Kajüte seines Vaters wieder und spürt, wie er kurz davor steht, bei sich (wieder) anzukommen.
Die eher knappe und kurz geschilderte Auflösung des Geheimnisses um das Karawanenbuch ist in keiner Form enttäuschend, denn das Buch benötigt kein großes und verwickeltes Finale, dass Eigentliche ist bereits vorher gesagt und erlebt worden.

Im Anhang bietet Christopher aber noch eine besondere Zugabe. Von der Alraune über den Greif bis hin zum Höllenhund Zerberus stellt er die Tiere des „Karawanenbuches“ gesammelt mit kurzen Beschreibungen vor.
Das Bestiarium ist ein kluges, ruhiges, sensibel und sprachlich tiefgehend verfasstes Buch, dass die Kraft der Fantasie und die Sehnsucht des Menschen nach sich selbst eindrucksvoll zum Leben erweckt. Ein ganz hervorragendes Buch.

[*] Diese Rezension schrieb: Michael Lehmann-Pape (2011-03-21)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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