Geschichten wie sie das Leben schrieb, das italienische Leben. Celati lässt seine Helden auf der Weide leben, etwa den schmächtigen Pucci, der noch die Schulbank drückt und von der großen Liebe träumt. Doch das Leben in der italienischen Provinz ist nicht anders als das Leben in irgendeiner anderen Provinz, wie Bordignoni, der beste Freund Puccis, sagen würde: „Ist einer einmal geboren, dann ist ihm schon der größte Teil von dem passiert, was ihm im Leben passieren wird“.
Doch die Geschichten, die Celati wie Episoden eines Films aneinanderreiht, sind vielmehr als nur das. Sie verdichten die tragische menschliche Existenz eines Pucci und beschreiben das „Weiden auf den Straßen“ genauso wie „die Ausschau nach Liebe, der Seelen auf der Suche nach Gesellschaft wie die in der Nacht herumstreunenden Hunde“. Die trübe Erkenntnis, dass die angebetete Rossana längst einen anderen geheiratet hat, noch dazu einen Schädlingsmittelverkäufer, lässt die Angst reifen, ewig als „Ungepaarter“ auf der Welt zu sein und diesem Gedanken können nur die ersten Erfahrungen im dunklen Gestrüpp neben den Hauptdurchzugsstraßen des Ortes Abhilfe verschaffen, wenn auch leider nur von kurzer Dauer.
Ein anderer Held, der „moderne Held“ (Titel der Geschichte), ist Zoffi, so wie Pucci auch noch ein Junge, aber „zugeknöpft bis oben“, der die Entdeckung macht, von allen getrennt zu sein und in seine eigenen Gedanken eingeschlossen zu sein. Ein für einen Italiener wahrlich seltsames Gefühl, wie uns Celati eindringlich glauben macht und mit solider Philosophie untermauert. Aber unter den intellektuellen Kunden des Cafe Nazionale zu denen auch Zoffi gehörte war auch Pugni (dt.: „Fäuste“), der davon träumt, die im Nebenraum herumlungernden Laberer einmal richtig zu vermöbeln. Zoffi gewinnt bald eine weitere Erkenntnis, nämlich, dass er mit knapp zwanzig Jahren schon alle Illusionen verloren hat und am Grab von Zoffis Vaters denkt sich der Erzähler: „Was für ein Leben! Wie viele Jahre geredet und geredet! Wie viele Wörter in den Wind gesprochen! Wie viele Bücher gelesen und vergessen!Und dann die Labyrinthe der Liebe!“
Gianni Celati versteht es Nachdenklichkeit mit Humor zu vermischen, amüsante Geschichten mit Tiefgang zu schreiben und natürlich vergisst er dabei auch nicht auf das, was für viele Männer das Leben am lebenswertesten Macht: die Liebe zu den Frauen.
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2009-02-06)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.