150 Jahre Alice in Wonderland (Erstveröffentlichung am 4. Juli 1865) ist ein perfekter Anlass für eine Neuausgabe von einem der wohl berühmtesten Kinderbücher in der Englisch-sprachigen Welt. Die komplette und ungekürzte Alice (Alice im Wunderland & Alice hinter den Spiegeln) erscheint bei Gerstenberg als opulent ausgestattetes Wendebuch. Der Halbleinenband mit Rückenprägung, Fünffarbendruck und Lesebändchen wurde zudem auch phantasievoll illustriert und gestaltet von der vielfach ausgezeichneten Künstlerin Floor Rieder.
Der Mathematiker Charles Lutwidge Dodgson – so der bürgerliche Name von Lewis Carroll, (1832-1898) – lehrte an University of Oxford, wo er die Töchter des Dekans, darunter die elfjährige Alice, zu einer Bootsfahrt einlud und Geschichten erfand, die drei Jahre später als Buch erschienen. Die niederländische Künstlerin Floor Rieder illustriert Alice mit Käferkleid, Chucks und Rucksack und gibt ihr mit Brille und Hut etwas Zeitloses. „Die Geschichte gibt die Zeichnungen zum Teil vor. Danach ging ich auf Suche nach einer tieferen Ebene. Ich entdeckte, dass Lewis Carroll Mathematik mochte. Deswegen habe ich viel Symmetrie verwendet.“, so die Illustratorin, die allein mit dem Cover des Buches in den Niederlanden einen Preis gewann. Klein und dick ist hier aber nur die Erscheinungsform, die stark an eine Bibel erinnert und so auch in jede Handtasche passt.
Die Geschichte von Lewis Carroll der Klein-Alice in ein Kaninchenloch fallen lässt hat schon Generationen von Kindern begeistert und auch viele Erwachsene inspiriert. Alice probiert allerlei Speisen und Getränke, die sie schrumpfen und wachsen und wieder schrumpfen lassen und ertrinkt einmal beinahe in ihrem eigenen Tränenteich, wenn da nicht die wundersamen und verrückten Tiere wären, die ihr aus der Patsche helfen würden. Wie wird man denn am schnellsten wieder trocken, wenn man in einen Teich gefallen ist? Man erzählt sich trockene Geschichtelektionen aus der Schule oder macht einen Versammlungs-Wettlauf, das ist so trocken, dass selbst dem Dodo das Gefieder trocknet. „Was kann denn nur mit mir passiert sein?“, fragt sich Alice und fügt erklärend hinzu: „Früher, wenn ich Märchen las, dachte ich immer, dass solche Dinge sowieso nie geschehen könnten, und jetzt stecke ich mittendrin!“
Bald erfährt Alice aber von der Herzogin, dass auch Katzen grinsen können und sie nur wenig wisse, auch wenn unserer Heldin die strenge Art gar nicht gefällt, in der ihr dies gesagt wird, hört sie doch nie auf, neugierig zu sein. So unterbricht sie andere immer dann, wenn andere in den Erzählfluss geraten, was diese natürlich verzweifeln und aus der Fassung geraten lässt. Sicherlich ist Alice ein lästiges Kind und bald bestätigt ihr das auch die Chesire-Katze, wenn sie ihr sagt, dass sie ebenso verrückt sei, wie sie selbst, sonst wäre sie ja wohl nicht in dieses „Wunderland“ gekommen. Beim Teekränzchen mit der Schlafmaus, dem Hutmacher, dem Märzhasen und anderen begreift Alice die Wahrnehmung von Zeit und deren wahre Dimension, bis sie endlich zur köpfenden Königin vordringt, die bald auch über Alice Gericht hält. Und die Moral der Geschicht`? Trau weißen Hasen nicht!
Lewis Carroll/Christian Enzensberger (Übers.)/Floor Rieder (Illustr.)
Alice im Wunderland & Alice hinter den Spiegeln
384 Seiten, 16 x 19,5 cm
Halbleinen, farbig illustriert, mit Lesebändchen
ISBN 978-3-8369-5864-6
EUR (D) 25.00 | EUR (A) 25.70 | SFr 31.60
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2015-09-11)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.