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Dino Buzzati - Die Tatarenwüste
Buchinformation
Buzzati, Dino - Die Tatarenwüste bestellen
Buzzati, Dino:
Die Tatarenwüste

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(Bücher frei Haus)

„Wer weiß, vielleicht hätte ich in einem Krieg zu etwas getaugt. Viellicht hätte ich meinen Mann gestanden. In einem Krieg. So war ich, wie sich gezeigt hat, zu gar nichts nütze“, spricht der pensionierte Major Ortiz beim Abzug zu seinem Leutnant Giovanni Drago, der als Dienstjüngster nach auf der Festung bleiben muss. Dino Buzzatis Roman „Die Tatarenwüste“ spielt gänzlich auf der Festung Bastiani, ein Setting das etwas an einen der bekanntesten deutschsprachigen Schriftsteller erinnert, denn auch bei Buzzati geht es um Entfremdung zwischen Kollektiv und Individuum, sinnlos erscheinende Vorschriften und deren ebenso sinnlose Pflichterfüllung. Giovanni Drago kommt im Alter von nur 24 Jahren auf die abgeschiedene Festung und eigentlich glaubt er, nur vier Monate seinen Dienst hier in den einsamen Bergen abzuleisten und dann wieder in die Stadt zur Garnison zurückkehren zu können.

Die Gewissheit der Jugendzeit
Die Hüter der Grenze gegen den Norden leben eigentlich nur von einer Hoffnung, nämlich, dass endlich der Krieg ausbräche. Mit der „Gewissheit seiner Jugendzeit, dass alles Gute des Lebens erst noch kommen werde“ harrt auch Drago Jahre seines Lebens auf der Festung aus, um endlich „diesem einen großen Ereignis beizuwohnen“. Doch bald wird er vierzig Jahre alt sein, „nichts im Leben geleistet, kinderlos und einsam in der Welt“ stehen. Als ihm auf der anderen Seite des Tales ein Jüngling zuruft, ein neuer Rekrut, wundert er sich wie bekannt ihm diese Szene vorkommt, nur steht er dieses Mal auf der anderen Seite. Jetzt ist er der Major der zurückruft und den Fremden in die Festung lotst, der ebenso gutgläubig denkt, in ein paar Monaten wieder bei seiner Familie, seinen Freunden, in der Stadt zu sein.

Der Starrsinn des Alters
„Die Tatarenwüste“ ist auch ein Buch über das Altern, über das sinnlose Totschlagen von Zeit, das ungenützte Verstreichen der Jugend, um dann mit 40 plötzlich aufzuwachen und zu merken, dass es plötzlich keinen Spaß mehr macht sein Pferd über steinige Ebenen hin und her zu hetzen, sondern er sich nach dem Mittagessen lieber für ein Nickerchen auf sein Zimmer zurückzieht. „Daran ermessen sich die Jahre, die verstrichen sind.“ Man kann auch keinen Spaß mehr mit ihm haben, alles nehme er gleich ernst, „ernst wie ein Kind“, wirft ihm Simeoni bald vor. Ein witziges Bild, das Buzzati hier verwendet, wo man doch denkt, Kinder würden gar nichts ernst nehmen, aber er hat doch recht, mit dieser Metapher.

Die Ästhetik des Frühlings
„Krieg? Sie denken immer noch an Krieg? Sind wir nicht schon genügend enttäuscht worden?“ Mit Sätzen wie diesen macht Dino Buzzati deutlich, wie absurd die Situation der Soldaten in der Festung ist, die Tag für Tag auf etwas warten müssen, das eigentlich ihren eigenen Tod bedeuten könnte. Aber ist nicht genau das die eigentliche Metapher die Buzzati auf der Metaebene des Romans ausdrücken will? Vielleicht sollte Drago weniger Zeit mit Warten verbringen und die Dinge selbst in die Hand nehmen? Im Frühling, wenn das Holz im Gebälk zu krachen beginnt, kehrt auch in seine Glieder jedes Jahr die alte Kraft zurück, wird er sich dieses Jahr entscheiden? Doch bald ist alles wieder beim Alten, denn ihm fehlt ganz einfach der Mut, er fühlt sich als Rädchen im Getriebe und nicht wie dieser Balken, in einem der schönsten sprachlichen Bilder dieses Romans: Frühling, „das ist die Zeit, da in den alten Balken eine törichte Sehnsucht nach dem früheren grünen Leben wach wird, nach jenem jubelnden Strom von Wärme und Kraft, nach sprossenden Keimen und jungen Zweigen, der ihn einst durchfloß. (…) in jedem Frühling flackert in dem alten Stamm ein Restchen Leben auf. Keine Blätter und keine Blüten wollen mehr ans Licht – nur eine unbestimmte, traumselige Erinnerung, die bloß dazu ausreicht, um `Knacks´ zu machen.“

Die Bastion der ungestümen Herzen
„Mit dem ästhetisch radikaleren Prager Schriftsteller teilt Buzzati die Vorliebe für unlösbare bürokratische Verfahren. Auch seine Figuren erfahren tiefe Entfremdung und sind den Verhältnissen ausgeliefert, wobei der italienische Autor seinen Helden immer einen kleinen Winkel in ihrer Seele lässt“, schreibt Maike Albath in Nachwort zu der hier vorliegenden Luxusausgabe in der Anderen Bibliothek und gemeint ist natürlich Franz Kafka, der mit „Das Schloss“ (1926) zumindest eine atmosphärische Vorlage zu Buzzatis „Tatarenwüste“ (1940) geliefert haben könnte. Tatsächlich hätte der Titel zuerst „Die Bastion“ lauten sollen, doch da der Roman während des Krieges erschien, wollte der Verlag zufällige politische Affinitäten wohl vermeiden. Der Kriegseintritt Italiens in den Zweiten Weltkrieg erfolgte kurz nach der Veröffentlichung des Romans, aber er nahm ein kollektives Unbehagen wohl zweifellos schon vorweg und am Ende des Romans bricht ebenfalls ein Krieg aus, ganz so als hätte Dino Buzzati die internationale Lage schon antizipiert.

Diese Publikation trägt die Bandnummer 333 der Anderen Bibliothek. Die Bände dieser Bibliothek sind sowohl einzeln als auch im Abonnement zu beziehen. Die Buchkünstlerin diese Band heißt Lisa Neuhalfen; es handelt sich um eine limitierte Ausgabe; zweifarbig gedruckt auf geglättetem, holzfreiem Designpapier, farbiges Vor- und Nachsatzpapier; gebunden in leicht körnigem Iris-Leinen und bedruckt mit Gold-Troddeln; geprägtes Etikett, Fadenheftung und Lesebändchen.

Dino Buzzati
Die Tatarenwüste
Die Übersetzung aus dem Italienischen von Percy Eckstein und Wendla Lipsius hat Julika Brandestini bearbeitet.
Mit einem Nachwort von Maike Albath
Seitenanzahl: 250
ISBN: 9783847703334

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-02-14)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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