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John Burnside - Wie alle anderen. Roman
Buchinformation
Burnside, John - Wie alle anderen. Roman bestellen
Burnside, John:
Wie alle anderen. Roman

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(Bücher frei Haus)

Erstmals ein Buch dessen Titel in der deutschen Übersetzung besser passt als im englischen Original. „Welcome to Toytown“ heißt das Nachfolgewerk von John Burnside, der mit „Lügen über meinen Vater“ einige Fans im Feuilleton gewonnen hat. Auch „Wie alle anderen“ ist so sprachgewaltig und einfühlsam wie das Vorwerk, aber dieses Mal geht er (der Protagonist des Romans) sich selbst an den Kragen. Burnside verschleiert aber keineswegs die autobiographischen Züge seines „John“ und wahrscheinlich ist der vorliegende Roman gerade deswegen so authentisch und echt, wie selten ein Buch aus dem Fiction-Bereich. Aber was genau daran ist eigentlich Fiction?

Adele in Esmé
John, ein nordenglischer Mitvierziger, leidet an Apophänie, was der Psychiater Klaus Conrad 1958 „als grundloses Sehen von Verbindungen, begleitet von der besonderen Empfindung einer abnormen Bedeutsamkeit“ definierte, wie Burnside zitiert. Der Protagonist erzählt in einer Art Lebensbeichte von seinen Alkohol-Exzessen und den unzähligen Frauen, die er in seinem Leben flachgelegt habt, aber stets hat er ein feines Gehör und fühlt sich empathisch in seine Liebesaffären ein, bis selbst er an einer gefühlstechnisch äußerst prekären Grenze anlangt und endlich begreift, dass es zumindest hier eine Grenze gibt. Nicht unbedingt eine moralische, aber jene des guten Geschmacks. Bevor der Roman aber im letzten Drittel tief in die Abgründe einer verfolgten Seele blicken lässt, manövriert der Autor den Leser in ungewohnte Situationen mit überraschenden Wendungen. Adele und Esmé. Die sorgsam angekündigte Enthüllung, was er denn schlussendlich wirklich alleine mit Greg’s Frau macht, bleibt der Autor dem Leser allerdings schuldig. Denn das letzte Viertel beschäftigt sich so gar nicht mit der Ausgangskonstellation. Ein Trick? „Sich zu verlieben ist keine gute Idee, aber es ist eine Sünde, der Liebe auszuweichen, wenn man sie kommen sieht.“ Selbst jemand mit Berufung und lebenslanger Disziplin könne sich ihr, der Liebe, schlussendlich nicht versagen.

Wabi-Sabi mit Apophänie
Schon auf den ersten Seiten kündigt der Erzähler an, dass es ein „langsames, gar sanftes Ende und nicht die Katastrophe seine wird, mit der er gerechnet hatte, kein après moi le déluge, nur ein allmähliches Dahinvegetieren“, aber was einen erwartet ist wirklich ein Feuerwerk von einem Roman, voller Inbrunst und Echtheit, Niederlagen und kleinen Siegen. Allein seine Hommage an die amerikanische Nacht und den Duft Amerikas liest sich so überzeugend: man verspürt augenblicklich die schwere Süße in der eigenen Nase. In einer Welt, die einem den Selbstzweifel gleichsam einimpft, ist, sich selbst zu mögen, ein rebellischer Akt und genau das gelingt John am Ende des Romans auch: er will eben nicht mehr so sein, „wie alle anderen“. Denn „normal“ zu sein bedeutet nichts anderes als „über eine erstaunliche Gabe der Selbsttäuschung“ zu verfügen. Normal ist eine Fiktion. Niemand ist normal. „Das gewöhnliche Als ob, das die Tage miteinander verknüpft. Wir müssen so tun als ob, sagte Stendhal. Wenn uns das nicht mehr gelingt sind wir verloren. Und wer sich nicht selbst täuschen kann, der laufe davon.“ Aber John tut alles andere als das. Er rebelliert. Er stellt sich. Und er stellt sich auch dem Kind im Manne. Ein Meister des Wabi-Sabi, der japanischen Form des Glücksempfindens: das Einsehen in die Imperfektion der Welt und seiner selbst.

John Burnside
Wie alle anderen.
Roman
Aus dem Englischen von Bernhard Robben.
€ 19,99 [D] € 20,60 [A] | CHF 26,90
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-8135-0714-0

[*] Diese Rezension schrieb: jürgen Weber (2016-09-18)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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