Die Gedichte in vorliegendem Auswahlband stammen aus den siebziger und achtziger Jahren. Bukowski hat sie selbst ausgewählt und Dr. Ellis vom Peninsula Memorial Hospital in Los Angeles gewidmet, um sich so für die zwei Chemotherapien zu bedanken, die ihm das Leben etwas verlängern konnten. Bukowski starb am 9. März 1994 im Alter von 73 Jahren in San Pedro bei Los Angeles an Blutkrebs. Seine über 40 Prosa- und Lyrikbände werden heute noch gelesen und das in vielen Sprachen der Welt.
Gedichte der Achtziger und Neunziger
„Wir hatten alle noch keine Erfahrung, aber wir fühlten uns sehr stark, wie wir dahockten Zigaretten pafften und Bierdosen leerten“, wuchtet Bukowski gleich im ersten Gedicht vorliegender Sammlung heraus und erinnert sich seiner Jugendtage, als er weder mit Frauen noch mit Alkohol Erfahrungen hatte. Aber das Gefühl damals, das der Jugend, war wahrscheinlich sogar unvergleichlich besser, denn wer fühlte sich nicht unbesiegbar und unsterblich in diesem Alter und traute sich alles zu? „Zwölfte Klasse. Sommer `39.“ Was wurde wohl aus den anderen, seinen Altersgenossen? Den Krieg überlebte Bukowski zwar, anders als viele andere seiner Generation, nicht aber die tägliche Maloche, den Alltag, das Leben in der Fabrik, den amerikanischen Albtraum zu dessen Chronisten er sich nicht nur als Dichter, sondern auch Romanschriftsteller aufschwang, nicht. Bis 50 hatte er jeden Job – und ich meine wirklich jeden Job - gemacht, doch in der zweiten Lebenshälfte meinten es die Götter gut mit ihm und er fand alsbald eine Frau die bei ihm blieb und ein Haus zum Schreiben.
Vom Gossenpoet zum Schriftsteller
Seine Kindheit war durch seinen rabiaten Vater geprägt, der ihn schlug, und eine Mutter, die sich mehr Sorgen darüber machte, was die Nachbarn wohl denken würden, als über das, was er über seinen Vater dachte. In dem Gedicht „Was sollen die Nachbarn denken“ steckt viel Wut, aber auch viel Überlegenheit, dass er mit seinem alten Leben und seinen Eltern schon früh, nach dem College, gebrochen hatte. Vielleicht auch etwas stolz, dass er es ganz ohne ihre Hilfe und wider ihre Prognosen er würde in der Gosse landen, doch zu etwas gebracht hatte: einem Gossenpoeten. Denn Bukowskis lyrische Sprache ist hart und schmutzig und nichts für Zimperliche. Auf den Vorwurf er würde übertreiben, entgegnete er selbst in einem Gedicht mit dem Titel „Abgelehnte Story“, sich paraphrasierend, dass die Frauen ihm zuflogen ohne dass er es wollte („Sie kamen mir beim Schreiben in die Quere.“) und räumt selbstironisch ein: „Gut es verging auch mal ein Tag, ohne dass sich eine blicken ließ. Da onanierte ich manchmal. Das waren die Tage wo ich meine Arbeit machte.“ Das abgelehnte Gedicht wirft er übrigens nicht in den Müll, sondern steckt es in einen Umschlag. Man weiß ja nie.
„Irgendwo in Texas“, ist auch der Titel eines beim Maroverlag erschienenen Hörbuch auf dem die Texte von Charles Bukowski von Michael G. Symolka mit kongenialer Musik von Martin Seiler gelesen werden. Ein Lese- und Hörschmaus zum 101. Geburtstag des amerikanischen poète maudit.
Charles Bukowski
Irgendwo in Texas. Vom Reisen.
Aus dem amerikanischen Englisch von Carl Weissner
Umschlag von Rotraut Susanne Berner
2020, 160 Seiten, Paperback/Broschur
ISBN: 978-3-87512-249-7
Maro Verlag
14,90 €
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2021-10-05)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.