Irgendwie tappen die Deutschen gerne in die Mystikfalle. Bei dem vorliegenden Buch, das mit einem ganz anderen Anspruch daherkommt, ist dieses leider auch der Fall. Da steht im Untertitel "Der Kampf der Kulturen ist das Problem" und dabei wird, wie sollte es anders sein, Bezug auf Samuel Huntington genommen, der in seinem Buch "Clash of Civilizations" nicht nur richtig übersetzt von einem Zusammenprall oder Aufeinanderstoßen von Kulturen gesprochen hatte. Wie bei Dostojewskis Schuld und Sühne, das in alle Weltsprachen korrekt in Verbrechen und Strafe übersetzt wurde, so ist es auch ein deutsches Phänomen mit dem Kampf der Kulturen.
Richtig hingegen liegen die Autoren mit ihrer Analyse, dass man weder eine geostrategische Konzeption (Huntington) noch eine positivistisch konzipierte Skala (Hofstede) nehmen kann, um für bestimmte Kulturen typisches Verhalten darzustellen und, noch schlimmer, zu trainieren, wie man am Besten mit den Vertretern der fremden Kultur umgeht. Dass dieses in einem ziemlich anrüchigen Beratungs- und Trainingsgeschäft in deutschen Unternehmen zuweilen so zugeht ist beklagenswert, und dass Politikberatung sich teilweise auf kulturelle Verkürzungen verlässt ist verhängnisvoll. Bei beidem handelt es sich aber nicht um Neuigkeiten, die auf 130 Seiten eines 175 Seiten umfassenden Buches ausgebreitet werden müssen, zumal im Untertitel noch die Frage formuliert wird "zeigt die Wirtschaft die Lösung?"
Leider sind auch die Kapitel, die sich auf die Fragestellung beziehen nicht informativ. Es werden Beispiele genannt, die dann auch der Kritik der Verkürzung unterzogen werden. Unterm Strich bekommt die verehrte Leserschaft den Hinweis, man dürfe eben nicht mit einem reduktionistischen Ansatz auf fremde Kulturen zugehen, solle offen sein und sich die Wechselwirkungen bewusst machen, wenn man es mit Migranten zu tun habe, die mit ihren eigenen kulturellen Dispositionen und der neuen, in die sie hineinkommen, wechselseitigen Beeinflussungen unterlägen. Auch das nicht falsch und beachtenswert, aber weit entfernt von den angekündigten Enthüllungen über lösungsorientierte Wege der Wirtschaft, die es tatsächlich gibt. Diese Informationen und Analysen werden geopfert dem Reflex der Traumaaufarbeitung, Huntington und kein Ende, wobei die Differenzierung zwischen Autor und Epigonen nicht einmal vorgenommen wird.
Es ist nicht drin was draufsteht!
[*] Diese Rezension schrieb: Gerhard Mersmann (2011-10-03)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.