Im Auftakt dieses jahrzehntelang indizierten Historienfilms tanzen Caligula und seine Schwester Drusilla auf einer Waldlichtung unschuldig und spielerisch, bis sie zum Imperator Tiberius, dem Nachfolger Augustus’, geführt werden, der dekadent und krank, die letzten Tage seines Lebens auf der Suche nach einem Nachfolger ist. Der Heerführer Macro ist noch an seiner Seite, aber er hält nur wenig von Caligula als Thronfolger und vielleicht wäre ihm selbst auch gar nicht so viel daran gelegen, wenn ihn nicht die ehrgeizige Drusilla stimulierte. Sie nennt ihn auch „Stiefelchen“, was die wörtliche deutsche Übersetzung des Diminutivs von Caliga (Soldatenstiefel) ist, aber die unmenschliche Grausamkeit erbt er ohnehin von seinem Onkel.
Penthouse als Produzent
Neben unmotivierten Gewalt- und Sexszenen enthält Caligula aber sicherlich auch historische Wahrheiten über die heute nicht mehr gerne gesprochen wird, hätte sie nicht Gore Vidal in seiner Romanvorlage thematisiert. Und wie wir wissen hat die Realität die Fiktion auch im 20. Jahrhundert längst überholt, denken wir nur an gewisse Premierminister, die sich ebenfalls einen Harem hielten und teure Geschenke an Prostituierte machten. Die Produzenten des Films änderten zahlreiche Szenen und fügten andere hinzu, sodass von Tinto Brass vielleicht weniger übrig blieb, als draufsteht. Das Erotik-Magazin Penthouse finanzierte diese Szenen, sodass der Historienfilm bald zu einem Pornofilm avancierte, der die Historie nur als Kulisse für sexuelle Ausschweifungen brauchte, um die Indexierung zu umgehen, was allerdings nicht gelang.
Extras und mehr
Dass Caligula ein grausamer Herrscher war gilt allerdings tatsächlich als verbürgt, wenn auch die Sensenmaschine eine Erfindung eines allzu einfallsreichen und ehrgeizigen Skriptschreibers gewesen sein dürfte, denn sie mutet doch reichlich absurd an. Dass Caligula Jungfrauen vor der Hochzeit schändete trifft da schon eher die Realität genauso wie der begangene Inzest und seine Apotheose in Eigenregie. Ein Historienspektakel der Sonderklasse, das 40 Jahre nach Erscheinen bei Tiberius nun auch endlich ungeschnitten genossen werden kann und mit vielen EXTRAS aufwartet: Disc 1: Trailer, Videofeature von Filmwissenschaftler Prof. Dr. Marcus Stiglegger (exklusiv); Disc 2: Dokumentation "The Making of Caligula" (62 min), Featurette "The Making of Caligula" (10 min), Featurette "John Steiner: Mein Urlaub in Rom" (24 min), Featurette "Caligula's Pet: Im Gespräch mit Lori Wagner" (26 min), Featurette "Tinto Brass: Die Orgie der Macht" (35 min), Hinter den Kulissen, Bildergalerie, BD-ROM Features inkl. Pressemitteilungen, Biographien, Essay "Die Entstehungsgeschichte von Caligula" und vieles mehr.
Tinto Brass
Tinto Brass' Caligula – Uncut
2-Disc Special Edition
Drama, Zeitgeschichte, Abenteuer, Erotik
USA/Italien, 1979, ca. 156 Minuten, FSK ab 18
Mit Helen Mirren, Peter O’'Toole, Sir John Gielgud, Malcolm McDowell
Deutsch, Englisch (DTS-HD Master Audio 5.1) www.tiberiusfilm.de
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2018-10-14)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.