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Bosshard - Rio de Janeiro - Eine literarische Einladung
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Rio de Janeiro - Eine
literarische Einladung

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(Bücher frei Haus)

„Rio ist eine der wenigen Städte, in denen auch eine friedliche Revolte in der Lage ist, alternative Räume und Codes zu schaffen.Die Schönheit der Natur bringt unerwartete Nuancen in der Aufteilung des sozialen Raums hervor“, heißt es bei einem der ersten Autoren in diesem Sammelband zur brasilianischen Literatur explizit aus Rio de Janeiro. Diese Anthologie verzichtet bewusst auf die großen Namen der literarischen Avantgarde der 1920er Jahre, des Modernismo, was auch damit zusammenhängen mag, dass diese vorranig in Sao Paulo zuhause war und weniger in Rio de Janeiro, außer Anibal M. Machado, der mit „Die tote Standartenträgerin“ sehr wohl in diese Sammlung literarischer Texte aufgenommen wurde. Das Reihenkonzept „literarische Einladung“ des Verlages hat den Schwerpunkt ohnehin auf die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts gelegt. Die Texte wurden von professionellen Übersetzern gemeinsam mit Studierenden der Ruhruniversität Bochum ins Deutsch übertragen und so ist die teilweise junge Sprache der Autoren ganz am Puls der Zeit des jungen Deutsch, wie etwa die erste Geschichte von Rodrigo Lacerda auf eindrucksvolle Weise zeigt: „überall dies Hitze, die in Sommernächten das Laken noch auf der Haut brennen lässt“.

Coca-Cola mit Champagner
Auch in Adriana Lunardis Geschichte „Clarice“ spielt die „Natur“ eine gewisse Rolle. „Es gibt keine unangenehmere Stille als die, wenn sich zwei Menschen gegenübersitzen und nichts haben, worüber sie sich unterhalten können, oder andersherum, sich so viel zu sagen haben, dass sie nicht wissen, wo sie anfangen sollen, ohne schreiend davonzulaufen.“ Die Protagonistin fährt in dieser Geschichte in einem Taxi auf einen Friedhof, durch einen „Tunnel, der so lang ist, dass es leichter scheint, das Ende der Welt zu erahnen als den blauen Himmel, der am Tunnelausgang wartet“. Es wird zu einer Reise in die Vergangenheit und einer Frage nach der wahren Herkunft, zu welcher Familie und wem man eigentlich gehört. „Wenn ich eine Familie wollte, müsste ich sie selbst erschaffen“, aber die Frau deren Grab sie besucht, verbindet sie mit etwas, erdet sie und so fühlt sie sich zugehörig und „verbindet“ sich. Aus dem Exil in Malibu stammt eine andere Geschichte von Nelida Pinon, der ersten weiblichen Präsidentin der Academia Brasileira de Letras, die in „Tarzan und Beijinho“ beschreibt wie „Tarzan“ Coca-Cola mit Champagner mischt, um sich genügend emotionalen Abstand gegenüber den anderen Anwesenden zu verschaffen. Er werde sich so weite fortentwickeln, dass sie nur mehr eine Mermaid sein werde, die zurückbleibe „mit Krallen, einer Kruste und Algen am Schwanz“. Das Elend des Exils erschafft Mythen über die eigentliche Heimat, Brasilien sei für ihn nur mehr eine „Metapher, die keinen Text verdient“. Schließlich erforscht er Beijinhos Körper wie „brennendes Gelände, suchte nach Flüssen und Tümpeln“ und die Beobachterin schließt: „Dann überließ er ihr die Zukunft, die in dem Glück lag, das sie in seinen Augen erblickte.“

Anthologie aus erster Hand
Rio und seine Bewohner, die cariocas, eine moderne Metropole, die in eine erhabene Naturlandschaft eingebettet ist, stehen in dieser Anthologie im Mittelpunkt. Von Clarice Lispector, deren Grab von Adriana Lunardi wie oben beschrieben besucht wurde, stammt eine Geschichte über die Katakomben unter dem Maracanã-Fußballstadion. Weitere Erzählungen und Gedichte von Luiz Ruffato, João Gilberto Noll, Nélida Piñon, Carlos Drummond de Andrade, Caetano Veloso, Sérgio Sant'Anna, Miguel Sanches Neto, Sonia Coutinho und vielen anderen – fast alle in deutscher Erstübersetzung – zeigen die Stadt aus vielen ungekannten Perspektiven. Die Auszüge aus Romanen machen neugierig auf ein immer noch unbekanntes Land voller Schönheit und Überraschungen.

Marcos Machado Nunes (Hrsg.)
Rio de Janeiro
Eine literarische Einladung
SALTO [196]. 2013
144 Seiten. Fadengeheftet. Rotes Leinen
15,90 €
ISBN 978-3-8031-1295

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2014-08-27)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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