Den älteren Lesern noch als einer der Hauptvertreter der „Theologie der Befreiung“ in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Erinnerung, hat der brasilianische Theologe Leonardo Boff bald seine an Problemen der Armutsbekämpfung, der Gerechtigkeit, des Friedens und der Menschenrechte („konziliarer Prozess“ nannten das die Basischristen in den achtziger Jahren) orientierte Spiritualität um das Konzept des Achtsamkeit ergänzt, das er hier in diesem Buch beschreibt.
Man kann aus diesem Buch gut lernen, wie sich in der Ideengeschichte und der Theologie die Ehrfurcht vor dem Leben, und sei es noch so klein, entwickelt hat und nun heute als die einzige Lösung erscheint, mit einer Änderung unserer Haltung die Welt und die Schöpfung vor der langsamen Zerstörung zu bewahren.
Leonardo Boff glaubt an eine bessere Zukunft, aber er setzt dabei nicht auf Konferenzen und Agenden von Staaten. Er ist fest davon überzeugt, dass eine liebevolle Sorge füreinander schon im kleinen Bereich der Familie und der Gruppe und daraus folgend auch eine liebevolle Sorge für die Welt in unserem Mikrokosmos automatisch zu einer Abkehr vom Wahn des unbegrenzten Wachstums führt. Hin zu Frieden, Gerechtigkeit und zur Bewahrung der Schöpfung. Achtsamkeit ist für ihn wie ein neues, von Liebe und Respekt getragenes Menschenbild. Gepaart mit einer Ökologie der Nachhaltigkeit, im Kleinen wie im Großen, kann sie Menschen verändern.
„Gib die Hoffnung, den Traum, die Utopie niemals auf. Das ist der Weg der Zukunft.“ Das sagt Boff am Ende eines bewegenden und klugen Buches, das auch vielen Zweiflern und Kritikern den Segen eines spirituellen Lebens vermitteln kann.
Leonardo Boff, Achtsamkeit. Von der Notwendigkeit, unsere Haltung zu ändern, Claudius Verlag 2013, ISBN 978-3-532-62432-6
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-06-27)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.