Aber seine meschuggenen Figurennamen, die hat er hier schon. Und seine forciert knorrigen Einfälle, mit denen er irgendetwas wohl unterstreichen wollte, was weder belegt werden müsste, noch schließlich auch hervorgeht aus dem, was Heinrich Böll schreibt.
Die Titelgeschichte ist ja noch recht fein. Kommt der Leser erst mal damit zurecht, wenn eine sogenannte „Satire“ (auf was?, auf das Geschwafel der Kulturerklärer oder vielleicht nur auf diesen einen salbadernden Feingeist mit dem Namen Bur-Malottke?) durchweg kein bisschen zum Lachen ist. Schlitzohrig ist der (dann ja auch verfilmte) Murke-Text zwar schon, aber Lachen ist etwas, das Geräusch verursacht und unwillentlich und zweckfrei entsteht. Den möchte ich nun aber sehen, der beim Lesen von Bölls Satiren so reagiert! Es ist eher so ein Konsenslachen: „Ha ha, wir erkennen seine Absichten als fortschrittlich kritisch an und lachen, weil man uns sonst vielleicht nicht beim Lachen sieht und das für unsere Humorlosigkeit spräche.“
Weiter hinten im Buch tritt einem dann immer mehr jene Art des westdeutschen Nachkriegsschriftstellers entgegen, die ja auch die „Die Blechtrommel“ oder „Deutschstunde“ an mehreren Stelle inzwischen fast ungenießbar werden lässt: Immer wieder diese eitel Applaus heischenden Geist- und Stil-Bühnenperformances wie Arien im Ablauf. Noch der allerwinzigste Anlass wird ersprungen, Sätze darum herum drechseln zu dürfen, Sätze und noch mehr Sätze, zwar über nichts, aber vor allem so verfasst, wie draußen im Land kein schlichter Zeitgenosse je spricht. Also Kunst!
Zum Beispiel hier (in „Der Wegwerfer) erzählt ein Mensch, der ein System entwickelt hat, aus dem täglichen Posteingang alles auszusondern, was nichts außer Zeitverschwendung erzeugt (aha, Bölls Satire auf Werbedrucksachen?, auf das übersteigerte Nützlichkeitsdenken von Consulting-Firmen?, na Satire aber!), wie ihm der Geistesblitz zur origninellen Methode einst aufleuchtete:
Zitat:
Jahre habe ich damit verbracht, meinen Beruf zu erfinden, ihn kalkulatorisch plausibel zu machen; ich habe Abhandlungen geschrieben; graphische Darstellungen bedeckten - und bedecken noch - die Wände meiner Wohnung. Ich bin Abszissen entlang-, Ordinaten hinaufgeklettert, jahrelang. Ich schwelgte in Theorien und genoß den eisigen Rausch, den Formeln auslösen können. Doch seitdem ich meinen Beruf praktiziere, meine Theorien verwirklicht sehe, erfüllt mich jene Trauer, wie sie einen General erfüllen mag, der aus den Höhen der Strategie in die Niederungen der Taktik hinabsteigen mußte.
Jahre habe ich damit verbracht, meinen Beruf zu erfinden, ihn kalkulatorisch plausibel zu machen; ich habe Abhandlungen geschrieben; graphische Darstellungen bedeckten - und bedecken noch - die Wände meiner Wohnung. Ich bin Abszissen entlang-, Ordinaten hinaufgeklettert, jahrelang. Ich schwelgte in Theorien und genoß den eisigen Rausch, den Formeln auslösen können. Doch seitdem ich meinen Beruf praktiziere, meine Theorien verwirklicht sehe, erfüllt mich jene Trauer, wie sie einen General erfüllen mag, der aus den Höhen der Strategie in die Niederungen der Taktik hinabsteigen mußte.
Gerede.
Ich darf eine Meinung dazu äußern. Meine Meinung ist: Gerede. Zeitverschwendung. Wegwerfer müsste man sein, dann wüsste man, wie man mit so einem „Klassiker“ umgeht.
[*] Diese Rezension schrieb: Klaus Mattes (2016-06-07)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.