Voller Angst geht es zu im Kopf von Bruno Schulz, jenem 1892 in Drohobycz in Galizien geborenen Schriftsteller, Künstler und Kunstlehrer, der diesen Ort zeit seines Lebens nur selten verließ.
Bruno Schulz wurde 1942 auf offener Straße von der Gestapo erschossen. Doch in den Jahren zuvor, so lässt Maxim Biller in seiner Novelle die alte osteuropäisch-jüdisch Kultur noch einmal lebendig werden, ahnt er auf eine besondere Weise das sich anbahnende Unheil und die Apokalypse für die galizischen Juden.
In einem Keller sitzt Bruno Schulz, träumt davon, ein großer Schriftsteller zu werden und schreibt an einem Brief an den großen Thomas Mann. Es hat diesen Brief wohl tatsächlich gegeben. Er ist aber verschollen. Ihm berichtet er in angstvollen Worten, dass in Drohobycz ein Doppelgänger des berühmten Schriftstellers aufgetaucht sei, der dort sein seltsames Unwesen treibe. Visionen plagen ihn, in denen man durchaus Vorahnungen kommenden Unheils sehen kann. Träume von peitschenden Deutschen quälen ihn und viele andere schreckliche Bilder tauchen vor seinem inneren Auge auf.
Bruno Schulz, der sich von Thomas Mann Hilfe erhofft, beschreibt ihm in seinem an Kafka erinnernden Brief das drohende Unheil, er ahnt, wie es für die Juden nach 1939, nachdem die Deutschen Polen überfallen haben werden, aussehen wird und er hat Angst, ihnen zum Opfer zu fallen, wie es 1942 dann auch tatsächlich geschehen wird.
Zurück bleiben die von Schulz erhalten gebliebenen Texte, an denen sich Maxim Biller in seiner Novelle in ihrem grotesken Stil, in dem die Wirklichkeit immer wieder in die Phantasie verdunstet, orientiert.
Und zurückbleibt die Erinnerung an einen von Millionen. Ihm und ihnen allen hat Maxim Biller mit dieser Novelle ein Kaddisch geschrieben
Maxim Biller, Im Kopf von Bruno Schulz, Kiepenheuer und Witsch 2013, ISBN 978-3-462-04605-2
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-01-15)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.