Der Schriftsteller Horst Bienek war mit seiner vierbändigen oberschlesischen Chronik „Gleiwitz“ mit den Bänden:
• Die erste Polka (1975)
• Septemberlicht (1977)
• Zeit ohne Glocken (1979)
• Erde und Feuer (1982)
einer meiner Lieblingsschriftsteller in den Jahren meines Studiums. Ich wusste damals auch von seiner Verhaftung und Internierung in einem sibirischen Straflager und habe mir nach der Lektüre der vier Romane auch das schon 1968, dem Jahr, als er sich als Schriftsteller selbständig machte, erschienene Buch „Die Zelle“ gekauft und es gelesen, in dem er ohne seine biographischen Bezüge deutlich zu machen, den Zustand des Gefangenseins literalisierte.
Kurz vor seinem Tod 1990 brachte ihn ein Erlebnis bei einer Lesung aus der „Zelle“, als ihn ein alter Mann fragte, warum er nicht über Workuta geschrieben habe, wo er doch zwischen 1952 und 1955 vier lange harte Jahre verbrachte, dazu, seine Erinnerungen an diese Zeit niederzuschreiben.
Sein Freund und langjähriger Verleger Michael Krüger fand das Manuskript nach Bieneks Tod in dessen Wohnung und hat es nun mit einem langen und sehr persönlichen Nachwort versehen zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgelegt. „Wie viel musste er, ganz klassisch,. Verdrängt haben, um vierzig Jahre nicht über Workuta zu schreiben?“
Obwohl vom Autor nicht ganz abgeschlossen, weil ihm der Tod zuvorkam, ist dieser Text ein literarisches Fragment von großer Eindruckskraft. Es ist ein knappes Zeugnis nicht nur über die damalige Unrechtszeit, sondern es atmet tiefe Einsichten über die generellen Grundzüge von Menschlichkeit und Unmenschlichkeit.
Horst Bienek, Workuta, Wallstein 2013, ISBN 978-3-8353-1230-2
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-04-24)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.