„Die einzige revolutionäre Kraft ist die Kraft der menschlichen Kreativität. Die einzige revolutionäre Kraft ist die Kraft der Kunst“, heißt es auf der ersten Umschlagseite und natürlich stammt das Zitat vom Meister persönlich, Joseph Beuys. Aber wer will heute denn noch revolutionär sein? Oder: war es nicht damals schon der alleinige Gestus, der genau gar nichts bewirkte, außer vielleicht Skandale in der Öffentlichkeit und mehr Ruhm noch für den Künstler selbst?
Vom Soldaten zum Künstler
Joseph Beuys – Jahrgang 1921 – musste den Krieg noch an eigener Haut erfahren und vielleicht hat er deswegen die Erfahrung gemacht, dass der Gegenstand des Gedankens wesenshaft auch der materiellen Welt angehört, wie Heiner Bastian im Vorwort zu vorliegender Publikation so schön formuliert. Die „Mördergrube Deutschland“ (Enzensberger) in der der 19-jährige Soldat Beuys dann erwachte, sollte ein Land sein, in dem man keine Gedichte mehr schreiben könne (Adorno), denn alles, was dieses Land der „Dichter und Denker“ einst ausmachte, war ausgelöscht worden. Beuys selbst kam aus der Kriegsgefangenschaft zurück und wollte Kunst studieren. Was er 1947 in Düsseldorf dann auch tat.
„Infiltration-homogen Grand Piano“
Beuys habe die Gabe, so Bastian, „aus organischen Strukturen der reinen Linie eine ungemein plastische Aussagekraft zu formulieren“. Mit jeder seiner Skulpturen habe er die Welt in Erstaunen versetzt, schreibt der Herausgeber, und es sei nicht einfach gewesen, „in ihnen die Physis gewordene Botschaft eines Bildhauers zu sehen, dessen Theorie sich hier in plastischen Werken entsprechenden Ausdruck suchte“. Um bloße Ästhetik sei es diesem Künstler nie gegangen, vielmehr versuchte er auch mit armen Mitteln unsere geistige Armut darzustellen. So packte er etwa 1966 einen Flügel in Filz ein und nannte es großspurig „Infiltration-homogen Grand Piano“. Wer dahinter keinen tieferen Sinn entdecken kann ist wirklich arm, denn die Kombination dieser beiden Materialien auf so simple Weise ist allein schon genial, ganz abgesehen von den gesellschaftspolitischen oder „künstlerischen“ Implikationen.
In diesem Band befinden sich u.a. Abbildungen und Beschreibungen zu Beuys Skulpturen mit folgenden Namen: Torso, Elche, Das Paar, Krieger, Puppe, Kreuz, Frau mit Kamm, Dschingis Khans Post, Tisch, Hammer, Grammphon, sein berühmter „Filzanzug, Pt Co Fe 1948-1972, u.v.a.m. Besonders beeindruckend – gerade zu Ostern – auch sein Bildnis „How to explain Pictures to a dead Hare“.