Das neue Buch von Christa Bernuth ist nichts für zartbesaitete Seelen. Sie führt mit ihrer genial aufgebauten Geschichte ihre Leser hinein in die Welt von Pädophilen und abartig veranlagten Männern, die Spaß und Lust am Quälen und Töten von jungen Frauen empfinden.
Die Hauptperson, der in der Gegenwart 52- jährige Lukas Salfeld, hat mit 16 Jahren seiner Freundin Marion die Kehle durchgeschnitten, und ihr danach noch tiefe Messerstiche zugefügt. Zehn Jahre hat er dafür in Jugendhaft gesessen und nach seiner Entlassung mit der finanziellen Unterstützung seines Vaters in einer anderen Stadt ein neues Leben begonnen, studiert und seine Frau Birgit kennengelernt. Er hat deren Namen angenommen, zwei Töchter bekommen und lebt von allen anderen Bürgern offenbar unerkannt wieder in Leyden, einer Stadt, in der es, wie sich später herausstellt, noch mehr solcher abartig veranlagter Männer gab und gibt.
Auch seine Frau weiß nichts von seiner Vergangenheit. Sein Leben als Familienvater und Verkäufer für Alarmanlagen verläuft unauffällig und unspektakulär. Es gelingt ihm sehr lange, seinen krankhaften Trieb zu unterdrücken. Dabei weiß er ganz genau: irgendwann, spätestens wenn seine beiden Töchter in das entsprechende Alter kommen, wird die Bestie zurückkehren. Er fühlt sich wie eine tickende Zeitbombe. Als er auf der Straße eines Tages einem Mädchen begegnet, das Marion zum Verwechseln ähnlich sieht, da ist von einer Sekunde auf die andere der Zünder zur Bombe scharf gemacht. Er verfolgt das Mädchen, ist von ihr magisch angezogen.
Zur gleichen Zeit findet die Polizei die Leiche eines Mädchens, das auf die gleiche Weise getötet wurde wie Marion vor vielen Jahren. Ein kurz vor der Pensionierung stehender Polizist namens Gronberg erinnert sich daran, und zusammen mit seiner jungen Kollegin Sina beginnt er gegen Lukas zu ermitteln. Lukas hat kein Alibi für die Mordnacht und kann sich an nichts erinnern. Kurz vor seiner Festnahme flüchtet er und macht sich eigenständig an die Verfolgung des Täters, von dem er nicht sicher ist, ob er es nicht selbst ist.
Doch nicht nur Sina, die selbst eine furchtbare Missbrauchsgeschichte hinter sich hat, die ihr Leben zerstört hat, und Gronberg machen sich auf die Suche nach Lukas und hängen sich mit unglaublichem Engagement in die Sache rein. Da ist, zunächst noch mysteriös und schemenhaft, dann immer mehr Konturen gewinnend, noch eine andere Person, die Lukas fest im Auge hat.
Christa Bernuth gelingt es, immer wieder wechselnde Perspektiven einnehmend,
eine fast unerträgliche Spannung zu erzeugen, zumal das, was da mehr und mehr ans Licht kommt an menschlicher Abgründigkeit und Bosheit kaum zu überbieten ist. Man kann sich bis kurz vor dem Ende einstellen auf immer wieder neue Wendungen und Zusammenhänge, die man nicht im Traum für möglich gehalten hätte.
Dennoch gelingt es ihr immer wieder bei vielen ihrer Protagonisten sozusagen hinter die Lebenskulisse zu schauen. Viele gescheiterte Menschenleben kommen da zutage, aber sie werden immer als Menschen geschildert und nicht von vornherein als Bestien.
Ein Psychothriller der Meisterklasse.
Christa Bernuth, Das Falsche in mir, DTV 2014, ISBN 978-3-423-24992-8
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-02-28)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.