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Eva Baronsky - Magnolienschlaf
Buchinformation
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Baronsky, Eva:
Magnolienschlaf

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(Bücher frei Haus)

Der zweite Roman der im hessischen Taunus lebenden Schriftstellerin Eva Baronsky befasst sich auf eine ganz aktuelle Weise mit der Vergangenheit. Die beiden Frauen, deren Geschichte und Beziehung in diesem unter die Haut gehenden Buch erzählt wird, die 91 - jährige Wilhelmine und die 23-järhige Jelisaweta könnten unterschiedlicher nicht sein, und doch verbindet sie eine Vergangenheit, die nicht vergehen will.

Wilhelmine lebt in einem kleinen Haus am Rande der Großstadt. Nachdem ihr Mann gestorben war, wurde sie lange Jahre von der Frau ihres Neffen, von Karin, mehr oder weniger gut betreut. Doch Karin hat genug von der Pflege der alten Frau, ist sehr nachlässig geworden und organisiert eines Tages eine Pflegerin aus dem Osten.

Über Beziehungen hat sie Kontakt aufgenommen zu der 23- jährigen Jelisaweta aus dem russischen Smolensk, 1941 Schauplatz einer regelrechten, über Monate dauernden Kesselschlacht der deutschen Wehrmacht, die 780.000 russischen Soldaten das Leben kostete. Doch dieser Hintergrund bleibt zunächst unbelichtet.
Jelisaweta hat die Chance ergriffen, für einige Wochen in den Westen zu kommen und sich dort bei der Pflege einer alten Frau 700 Euro im Monat zu verdienen. Neben dem Geld (sie hat sich in dem Krankenhaus, in dem sie arbeitet, beurlauben lassen), erhofft sie sich eine zeitweise Befreiung von der Herrschaft ihrer Mutter, die permanent davon redet, was die alte, schon lange verstorbenen Babka, zu allen möglichen Dingen gesagt hätte, die Jelisaweta tut oder lässt. Babka ist seit dem Krieg seelisch krank (sie wurde von deutschen Soldaten vergewaltigt und die Mutter Jelisawetas ist eine „Deutsche“.) Man kann sich vorstellen, was die junge Frau erlebt hat in ihrer Kindheit und Jugend.

Doch nun ist sie in Wilhelmines Haus angekommen. Karin führt sie notdürftig ein, um sich dann in einen Urlaub zu verabschieden. Jelisaweta orientiert sich, sieht gleich, was gemacht werden muss, und beginnt mit der stillen und genügsamen, bettlägerigen Wilhelmine ein wirklich herzliches Verhältnis. Man ist beim Lesen noch ganz berührt von dieser zarten Nähe zwischen der alten und der jungen Frau, als ganz unvermittelt die Szene eskaliert. Als Jelisaweta, Wilhelmine tief schlafend wähnend, nach einigen Tagen sich traut, das Telefon zu nehmen und mit ihrer Mutter in Smolensk zu sprechen, wacht Wilhelmine auf und hört Russisch. Von dieser Sekunde an ist alles anders. Wilhelmine beschimpft ihrer Pflegerin als „Russenschwein“ – ihre lange und gut verdrängte Vergangenheit ist von einem auf den anderen Augenblick präsent. Wilhelmines Reaktionen und ihr Verhalten zwingen aber auch Jelisaweta, sich der Vergangenheit ihrer Familie zustellen (siehe oben). Lange bleibt unklar, was wirklich geschehen ist in Russland 1941 und in Deutschland 1945, als Wilhelmine bald wahnsinnig vor Angst vor den Russen in einem Bunker sitzt, und später unter einem Magnolienbaum aufwacht.

Vor allen Dingen durch Jelisawetas Geduld und durch ihr beharrliches Nachfragen und Ausharren kommt am Ende die ganze Wahrheit über die Vergangenheiten Wilhelmines und ihrer Pflegerin ans Tageslicht.

„Magnolienschlaf“ ist ein intensiver, vielschichtiger und wunderbar erzählter Roman über zwei Frauen, die sich ihrer Vergangenheit stellen und gerade dadurch so etwa etwas wie Erlösung finden. Ein Roman über die Schatten der Vergangenheit und über die große Kraft der Versöhnung.

Eva Baronsky, Magnolienschlaf, Aufbau 2011, 185 Seiten, ISBN 978-3-351-03338-5

[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2011-02-28)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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