„Die Art unseres Kampfes reflektiert bereits die Gesellschaft, die wir aufbauen wollen“ zitiert Angela Davis an einer Stelle Ernesto Guevara, der sicherlich ähnliche Ziele hatte wie sie, sie aber mit anderen Mitteln zu erreichen versuchte. Angela Davis war sicherlich auch sehr radikal in ihren Ansichten, jedoch nicht so militant, dass sie zur Waffe gegriffen hätte, auch wenn sie das Prinzip auf Selbstverteidigung, das im fünften amendment der amerikanischen Verfassung garantiert wird, auch für ihre „Bewegung“ reklamierte. Die Bewegung, die sie meinte, war der antikoloniale Befreiungskampf, der in den Sechzigern international Schlagzeilen machte und schließlich auch die schwarze Bevölkerung in den USA, „in the belly oft he beast“, erfasste. Die Linke der USA betrachtete sich als Teil dieser internationalen Bewegung, die dem erklärten Feindbild „Kapitalismus“ den Garaus machen wollte. Auch die Afroamerikaner waren Teil dieser Linken, die sich aber den weißen Linken nicht unterordnen wollten, sondern ihre eigenen, teilweise sogar „nationalistischen“ Ziele – die Schaffung eines eigenen Nationalstaates auf US-amerikanischem Territorium – hatten. Angela Davis wurde neben Malcolm X und Martin Luther King zur Identifikationsfigur schlechthin und wie die interessante Dokumentation „Eine Legende lebt“ (1998) von Christel Priemer/Ingeborg Weber zeigt, überlebte sie die Sechziger nicht nur, sondern widmet sich auch heute noch dem Kampf gegen Ungerechtigkeit. Es sind besonders dieser Enthusiasmus und ihre Hoffnung auf eine Veränderung der Welt, die ihr Charisma auch heute noch ausmachen. Denn Leute in diesen Zeiten noch für Politik zu interessieren und sie aufzuklären über Missstände, ist ein Verdienst, der nicht hoch genug einzuschätzen ist und allen Respekt verdient.
Von der Uni in den Untergrund
Angela Davis ist aus den zuletzt genannten Gründen sicherlich mehr also nur eine Legende, denn sie setzt sich auch heute noch mit großem Engagement etwa für eine bessere Bezahlung von Gefängnisarbeitern ein. Sie zählt die Firmen auf, die daran gut verdienen und auch, dass die international agierende Correction Cooperation of America immerhin 49% aller Gefängnisse weltweit verwaltet, denn damit sei eine Menge Geld zu machen. Es ist gerade diese Kontinuität ihrer Arbeit, die Bewunderung und Respekt verdient, denn sie hat sich nicht wie andere in sinnlose Militanz gestürzt, sondern ist ihrer Politik stets treu geblieben. Aus der Kommunistischen Partei der USA trat sie übrigens erst 1991 aus, also lange nachdem sie deswegen von ihrem Uni-Job suspendiert wurde. Im selben Jahr, 1991,gründete sie mit ehemaligen CPUSA-Mitgliedern wie Pete Seeger das Komitee der Korrespondenz von Demokratie und Sozialismus (CCDS) und bezeichnet sich auch heute noch als Kommunistin. Im März 1969 war sie an der UCLA mit der Professur für Philosophie betraut geworden und als im Juli desselben Jahres ihre Mitgliedschaft bei der CPUSA bekannt wurde, wurde sie gekündigt. Nach Protesten aber bald wieder eingestellt, doch aufgrund ihrer Freundschaft mit George Jackson, einem der Soledad Brothers, bald wieder diskreditiert. Der Bruder von George Jackson, Jonathan, war nämlich mit Waffen, die auf Angela Davis registriert waren, in die Verhandlung von George gestürzt. Daraufhin musste sie in den Untergrund abtauchen, aber weltweite Solidaritätsbekundungen aus DDR und BRD zum Beispiel, sorgten für ihre baldige Wiedereinstellung an der UCLA.
A black Communist and beautiful Woman
Herbert Marcuse (Brandeis University), über dessen Vermittlung sie nach Frankfurt kam, hatte damals öffentlich in einer Solidaritätsadresse an Angela Davis gesagt: „In meiner 30-jährigen Karriere als Lehrer hatte ich nie eine bessere Schülerin als Angela Davis, ich möchte fast sagen, dass sie meine Lehrerin gewesen ist.“ Tatsächlich hatte sie bei Horkheimer, Negt, Habermas, Adorno in Frankfurt 1965-67 studiert, war Mitglied des deutschen SDS geworden und sprach neben Deutsch auch noch Französisch, da sie zuvor auch an der Sorbonne studiert hatte. Sie war aber nicht nur eine überdurchschnittliche Studentin, sondern für viele auch eine ebensolche Lehrerin. „We have to overcome the whole idea of individual fullfilment and satisfaction“, sagt sie in einem Interview, mit Pfeife, Halskette und Minirock und ihrem klassischen „Afro“ ausgestattet. Sie personifizierte für viele das Feindbild schlechthin: sie war nicht nur eine schwarze Kommunistin, sondern auch noch eine unglaublich schöne Frau. Und natürlich wusste sie das auch, und inszenierte sich selbst. Aber Angela Davis überzeugt auch heute noch durch ihre Arbeit, die sie macht, wie diese Dokumentation eindringlich und authentisch zu vermitteln weiß.
Sweet Black Angel
In der Dokumentation von Priemer/Weber, die auch Motive von dem anderen auf der DVD enthaltenen Film von Yolande DuLuart, „Portrait of a Revolutionary“ (1972) verwendet, wird Angela Davis bei Vorlesungen gezeigt, in Diskussionen mit ihren brothers und sisters, auf öffentlichen Veranstaltungen usw. Zudem sind dieser Ausgabe der beachtenswerten Serie „Bibliothek des Widerstands Band 2“ des Laika Verlages auch Texte und historische Überblicke von Willi Baer und Carmen Bitsch beigefügt, sowie einige Fotos aus der damaligen Zeit. Insgesamt eine sehr verdienstvolle Publikation, die sich als Investition in die eigene Bildung und für die eigene Duchhaltekraft mehr als bezahlt macht. Denn man kann diese Frau auch bewundern, wenn man selbst nicht mehr an dieselben Ziele glaubt. Vor allem ihre unkritische Haltung gegenüber der Sowjet und ihre etwas naiven Vorstellungen vom „neuen Menschen“ könnten sie evt. etwas Reputation gekostet haben, die sie aber durch ihre heutige Arbeit für die Gefangenen und gegen die Todesstrafe sicherlich wieder wettgemacht hat. In der Dokumentation werden übrigens auch zwei Lieder angespielt, die ihr gewidmet sind: „Angela“ von John Lennon, sowie „Sweet black Angel“ (aus dem Album Exile On Main Street) von den Rolling Stones, in dem auch auf die Soledad-Geschichte reflektiert wird, allerdings in typisch machistischer Jagger/Richards Art. Angela selbst fühlt sich allerdings eher dem Blues verpflichtet, wie sie in der Publikation „Blues Legacies and Black Feminism. Gertrude „Ma“ Rainey, Bessie Smith, and Billie Holiday“( 1999) glaubhaft nachweisen konnte.