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Hal Ashby - Dieses Land ist mein Land (Music Collection)
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Ashby, Hal:
Dieses Land ist mein
Land (Music Collection)

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(Bücher frei Haus)

Woody Guthrie, der in einer Gegend in Oklahama geboren wurde, die gemeinhin als „Dust Bowl“ bekannt ist, gilt auch heute noch als einer der wichtigsten Referenzen in amerikanischen Singer/Songwriter Kreisen. Sein künstlerisches Werk umfasst mehr als 1000 Balladen, darunter natürlich auch die bekannteste „This Land is Your Land“, die eigentlich zu Unrecht als patriotische Hymne rezipiert wird. Denn Woody war eigentlich ein Gewerkschafter, ein Kämpfer gegen das Unrecht, ein Mann des einfachen Volkes, ein echter „working class hero“, der lieber auf Eisenbahnwaggons durch sein Land tingelte als sein Leben in Radiostudios zu verbringen, in denen seine Lieder „auf Wunsch der Sponsoren“ zensuriert wurden. Das Bild von Woody, das in Hal Ashbys Film „Bound for Glory“ (auch der Name seiner Autobiographie) vermittelt wird, ist das eines aufrechten Mannes, der sich für die Rechte der einfachen Leute mit seiner Stimme und seinen Liedern einsetzte und damit auch sein eigenes Leben in Gefahr brachte, vor allem aber das seiner Familie, die immer wieder Angst hatte, wieder in die altbekannte Armut abzurutschen. 2012 wäre Woody Guthrie, der 1967 an der Huntington Disease starb, 100 Jahre alt geworden. An seinem Totenbett soll übrigens kein Geringerer als Bob Dylan die Stafette übernommen haben.

Lonesome train bound for glory
Der Schildermaler, Wunderheiler und Gelegenheitsarbeiter Woody wächst bei seinem Vater in Pampa/Texas auf, wo alle nur vom gelobten Land Kalifornien sprechen. Als ein Verrückter auf Woodys Veranda sich Heilung von ihm verspricht, schenkt er ihm kurzerhand seine Pinsel und lässt kurzerhand seine Frau und zwei Töchter zurück. Auch er will nun sein Glück in Kalifornien suchen, damit er seiner Familie Geld schicken kann. Die Anreise ins „Gelobte Land“ gestaltet sich aber alles andere als gemütlich, Woody reitet den „lonesome train“ mit vielen anderen Hobos, u.a. dem Schwarzen Slim, der ihm einiges beibringen kann: „Riding on box cars can make you meaner, than 52 rattle snakes“, lehrt ihn dieser. Als sie von Aufsehern erwischt werden muss Woody seine Reise vorerst zu Fuß fortsetzen, aber nicht weiter schlimm, weil „I’m singin‘ while I’m walkin‘ and walkin‘ while I’m singin‘“, so Woody. „Don’t hear nothin‘ jinglin‘ don‘ feel nothin‘ foldin‘“, antwortet er cool auf die Frage des Sheriffs nach Geld und zieht pfeifend davon. Woody wird als sehr hilfsbereiter Mensch charakterisiert, selbstlos und aufrecht und beweist das, woran es heute so vielen fehlt: echtes Klassenbewusstsein. „We have a curfew on vagrants“, meint der Sheriff und Woodys Verhältnis zu Autoritäten wird schon in dieser Szene augenscheinlich.

Hard workin‘ man
300 km vor Los Angeles werden die Migranten, bei denen Woody im Auto mitreist, von den kalifornischen Behörden gestoppt. 50 Dollar verlangen sie, um ins Gelobte Land einreisen zu dürfen. Die meisten werden gleich zurückgeschickt oder machen sich freiwillig auf den Rückweg. Woody geht zu Fuß und schenkt seiner Mitfahrgelegenheit das letzte Geld das er noch besitzt. „If I hadn't heard those kids laugh playing games/I'd have nervous fits and I'd go insane/I'd turpentine cats and tin can dogs/And I'd smother people to death inside of holler logs“, heißt es im Song “Meanest Man”. Als er sich am Lagerfeuer eines anderen Tramps wärmt, läßt dieser ihn unter seine Decke mit den Worten: “I can‘t stand chatterin‘ teeth“, Szenen wie diese machen den Film authentisch, aber auch gleichzeitig komisch, es ist die soziale Wärme unter den Habenichtsen, die einem in diesen Tagen (des Endes des Kapitalismus?) etwas abgeht und am Beginn des Kapitalismus scheinbar noch existierte.

„There’ll be sky in the pie, when we die“
Natürlich wird im Film auch die Frage gestellt, warum die armen Obstpflücker nicht streiken und sich gegen ihr Schicksal auch sonst nicht wehren. Aber die Antwort ist so einfach wie das Amen im Gebet: „Not many people can afford to miss a day’s work money…that’s why they don’t strike“. Ozark Bule (Ronny Cox) organisiert die Arbeiter mit seinen Songs für die Gewerkschaft und bald kämpfen er und Woody Seite an Seite. Ozrak ist wohl Pete Seeger, der auch im wahren Leben für die Politisierung Woodys gesorgt hat. „You ain’t for sure look like much. But how do you sound?“ ist die erste Reaktion des Studiotechnikers zu dem Ozrak Woody schleift. Nach den ersten Erfolgen kommt aber bald schon die Zensur, denn Woody darf im Radiostudio zwar über einen Mörder singen, der seine vermeintlich untreue Ehefrau umbringt, aber nicht über das harte Leben der Obstpflücker Kaliforniens. Schließlich soll Woody auch in Hotelbars vor Leuten die „sippin‘ Martinis and eatin‘ lamb chops“ als Freizeitbeschäftigung pflegen, singen, aber Woody verweigert sich. Doch bald blüht ihm das Schicksal Samsons, der zwar „could have slain a lion with his bare hands“ aber „it took a pretty woman to show Samson that he’s just a lamb“. Was er gegenüber der reichen karitativen Millionärin beim Dinner in ihrer Villa äußert, wird aber dann doch nicht zu seinem Schicksal, denn er ist tatsächlich „embarassed“, ob all diesen Reichtums, auch wenn er mit einer gewissen Selbstironie dann doch die Geschichte von Samson und Delilah zitiert. Aber auch zu ihr (dem Klassenfeind) ist er schließlich ehrlich: „I can‘t lie to you anymore, now, that I see that you care…“

Aint got no choice
„The worst thing that can happen is to cut loose from the folks“ und genau das weiß Woody zu verhindern. Mit „You can‘t scare a “, „Hobo lullaby“ oder „Bound for Glory“ schreibt und singt Woody Guthrie die Protestsongs schlechthin. Die meisten seiner Texte finden sich übrigens auf http://www.woodyguthrie.org Auch wenn seine Ehefrau ihm vorwirft, „ to be ramblin‘ `round, tryin‘ to fix the world“, hat Woody doch keine andere Wahl. Er muss es einfach tun, das „singin‘ while I‘m walkin‘“. „Aint got a home, a hard workin‘ ramblin‘ man“, singt er vielleicht auch ein bisschen über sich selbst. Natürlich ist der Film von Hal Ashby eine Heldenlegende, aber der Zweifel daran, dass es wirklich einmal solche aufrechten und ehrlichen Männer (und Frauen) gegeben hat, ist Teil der typischen Krankheit unserer Zeit, genannt Zynismus. Woody Guthrie wäre tatsächlich auch ein role model für das 21. Jahrhundert, da er sich wenig um Reichtum scherte und ihm „seine Leute“, his folks, einfach wichtiger waren, als die Schallplattenindustrie.
Die Music Collection von FOX hat im Januar 2013 insgesamt 21 Musicals und Musikfilme als DVD in den Handel gebracht. Mit dabei sind neben Klassikern wie „Moulin Rouge“, „Crazy Heart“ und die „The Rocky Horror Picture Show“ auch Filme wie „Bound for Glory“ oder „Les Misérables“ in einer Version von 1952 und „All That Jazz“. Einige der besten DVDs dieser Reihe werden in den nächsten Wochen hier bei www.versalia.de rezensiert werden.

Hal Ashby
Dieses Land ist mein Land/ Bound for Glory
20th Century FOX Music Collection
DVD 148 Minuten
1976

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-02-13)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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