Unterricht im Allgemeinen ist umso ergiebiger, je differenzierter und abwechslungsreicher mit den einzelnen Arbeitsweisen (Frontal- oder Gruppen/Partnerarbeit, Lehrer/Schülervortrag, Diskussion, Debatte, Aktionsformen) umgegangen wird. Die beste Methode gibt es nicht, sondern der Unterricht erfordert eine Kombination verschiedener Methoden. Dazu muss man die drei Begriffe Methodenkonzeption (Lehrgang, Produktion, Sozialstudie, Provokation, Rollenspiel Diskussion Debatte) und Arbeitsweise (siehe oben) sowie Arbeitstechnik (Formale und methodische Fertigkeiten, schriftliche Fertigkeiten, kommunikative Fähigkeiten sollen geübt werden) unterscheiden. Im Beutelsbacher Konsens, der das Ergebnis einer Tagung in den 70er Jahren im Baden-Württembergischen Ort gleichen Namens war, einigten sich führende Pädagogen – damals wohl noch unter dem Eindruck des real existierenden Sozialismus in der DDR auf drei fundamentale Prinzipien: Überwältigungsverbot (keine politische Indoktrination), Kontroverse als Darstellungsprinzip für Inhalte, Analyse der eigenen Interessenlage und Betonung operationaler Fähigkeiten inkl. Mitverantwortung und Solidarität mit der Gemeinschaft in der Revision von 1996.
Für den Politik-Unterricht im Speziellen oder die Politische Bildung an Schulen wurden auch im Darmstädter Appell von 1995 die wesentlichen Kriterien eines pädagogisch wertvollen Beitrags mit Handlungs- und Gestaltungskompetenzen, Entscheidungs- und Problemlösungsfähigkeit definiert. Politik sollte den Menschen zu einem besseren Staatsbürger machen oder wie es das große Vorbild der Politologen, Aristoteles, einmal noch besser ausgedrückt hatte: „Der Teil der Philosophie, mit dem wir es hier zu tun haben, ist nicht wie die anderen rein theoretisch - wir philosophieren nämlich nicht um zu erfahren, was ethische Werthaftigkeit sei, sondern um wertvollere Menschen zu werden. Sonst wäre dieses Philosophieren ja nutzlos.“ [Buch II.2 = 1103b] Vielleicht sollte an dieser Stelle noch hinzugefügt werden, dass Politik die Königsdisziplin der Philosophie für Aristoteles darstellte und die Abspaltung der einen von der anderen erst später geschah. Deswegen haben wir heute ja auch so dumme Politiker.
Weitere Unterrichtstipps bekommt der interessierte Pädagoge etwa auch für den Medieneinsatz im Unterricht. Politik wir auch im Zeitalter der elektronischen Medien hauptsächlich schriftlich vermittelt, das Politische selbst erschließt sich aber erst durch das Lesen von Texten. Medien können politische Wirklichkeit aber nicht authentisch repräsentieren, sie sind immer schon ein interpretierter Ausschnitt von Wirklichkeit. Eine ideologiekritische Analyse von Medien gehört zum Kernbestand des Politikunterrichts, der Medieneinsatz sollte also immer nur ergänzend angedacht werden, niemals als Hauptinhalt. Unterricht mit Medien sei ohnehin immer Unterricht über Medien. Durch eigene Medienproduktion könnte man die Prozesse der Realitätskonstruktion und –verzerrung, die Manipulationstechniken erfahren und eventuell auch durchschauen. Medien holten zwar Wirklichkeit in den Unterricht und stifteten Erfahrungen. Medien sind aber nicht neutral, sondern entwickeln eine Eigengesetzlichkeit. Die Reduktion könnte die Realität in unzulässiger Weise verzerren.
Der Politikunterricht soll ein handlungsorientierter Unterricht sein, wobei man zwischen realem Handeln (etwa: Praktika, Interviews, Wandzeitung, Partizipation, Fall-, und Sozialstudien, Expertenbefragungen), simulativem Handeln (Rollenspiele, Planspiele, Entscheidungsspiele, Konferenzspiele, Pro- und Kontradebatte, Hearing, Tribunal, Zukunftswerkstatt) und Produktivem Gestalten (Tabelle, Schaubild, Tafelbild, Wandzeitung, Flugblatt, Plakat, Referate, Wochenberichte, Quiz, Rätsel) unterscheidet. Die anderen fünf der insgesamt sechs fachdidaktischen Prinzipien (Konfliktorientierung, Problemorientierung, Handlungsorientierung, Zukunftsorientierung, politisch moralische Urteilsbildung, Fallprinzip) sollten stets zur Geltung kommen. Der Wochenschau Verlag setzt in seiner Schriftenreihe zur Politik wesentliche Akzente, die teilweise auch online abrufbar sind. Die Konsultation anderer Schwerpunktreihen, etwa zu Sozialem Milieu, Gender und Diversity, Kommunalpolitik, sowie der Band „Konzepte der Politik“ (Georg Weißeno) u.a. wird dringend all jenen empfohlen, die sich für die Didaktik der Politik interessieren.
Paul Ackermann, Peter Massing et al
Politikdidaktik kurzgefasst
13 Planungsfragen für den Politikunterricht
Wochenschau Verlag
ISBN: 978-3-89974580-1
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2010-12-08)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.