„Für mich umgibt das Triptychon stets eine magische oder sakrale Aura. Selbst wenn es nicht religiösen Zwecken dient“, schreibt Joe Coleman in seinem Kommentar zur Kunstform „Triptychon“. Er ist in vorliegendem Buch mit dem Werk „War Triptych“ vertreten, das er in drei Kapitel unterteilt hat: „Pandora`s Box“, „Gods of War“ und „By the Dawns of Early Light“. Colemans Triptychon zeigt eine aus allen Fugen geratene Welt, die in Krieg und Zerstörung (ver-)endet, ohne Hoffnung auf Erlösung, getränkt in die blutroten Farben des Armageddons. Sein comicartiger Stil scheint inadäquat für ein an und für sich religiöses Genre, doch vielleicht wird gerade durch diese Form, der Inhalt am Markantesten transportiert: der Schrecken des Krieges, an dessen „eve“ wir uns stets befinden, kann nur ausgemalt werden, es fehlt uns jede Vorstellung davon, da man darüber nicht sprechen kann. Es existieren ja auch keine Bilder davon, jedenfalls nicht im öffentlichen Bewusstsein. Joe Coleman schreibt auch, dass sein Triptychon unter dem Eindruck des 11. September entstanden ist, nicht zuletzt deswegen hat er wohl auch einige Flugzeuge in seiner „Apocalypse Now!“ verwendet.
Den modernen Interpretationen des Themas „Triptychon“ werden aber auch historische gegenübergestellt, die wohl damals, zur Zeit ihres Entstehens, ebensoviele Tabus verletzt haben, wie heute die modernen a la Coleman. Da muss an erster Stelle natürlich Otto Dix` „Großstadt“ erwähnt werden, das 1927/28 entstand und eine ebenso aus den Fugen geratene Welt zeigt, wie das oben beschriebene moderne. „Großstadt“ zeigt eine typische Berliner Straßenszene aus den Zwanzigern: Prostitution, Cabaret und wieder Straßenstrich. Dieses Triptychon befindet sich auch auf dem Cover des vorliegenden Kunstbuches und ist ausfaltbar sogar noch größer. Wer es richtig zu bügeln weiß, kann es sogar als Poster (Format ausgeklappt immerhin 42 x 88 cm) an seine Wände hängen, sogar auch als Triptychon, denn die beiden Seitenflügel sind ebenfalls zu sehen. Die Welt geht unter und wir tanzen ihren Untergang: in den buntesten Farben, mit der lautesten Brassmusik und umgeben von den schillerndsten Paradiesvögeln. Auf die Dekadenz folgt der Krieg, denn die Forderung nach Gleichheit und Gerechtigkeit wird eigentlich nur vom Neid bestimmt (Slavoj Zizek). Das Parkett auf dem dieses Ungeheuer fiel wird von unseren Schuhen poliert, der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch...
Wer sich mit der sakral-magischen Aura des Triptychons näher beschäftigen will, dem wird in vorliegendem Kunstband, dessen Buchrücken golden glänzt, zusätzlich auch die moderne Interpretation dieses Themas mitgeliefert: das Triptychon in seiner politischen, historischen und sogar biologischen (Isa Genzken: X-Ray) Form wird in einer bisher nie dagewesenen Bandbreite gezeigt und auch dargestellt. Die Kommentare der Künstler ergänzen diese interessante Annäherung an ein bisher eher vernachlässigtes Thema in der Kunstgeschichte. Das Format 21x26 könnte zwar durchaus größer sein, dafür gibt es den wunderschönen Umschlag von Dix als Poster quasi als Gimmick. Künstlerbiographien und Kommentare zum Triptychon von den Künstlern befinden sich im Anhang.
Drei
Das Triptychon in der Moderne
2009 http://www.hatjecantz.de
324 Seiten
ISBN:978-3-7757-2327-5
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2009-04-18)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.