Ihre Gedichte sind ihr Leben: all ihr Schmerz, ihr Zorn über die Zustände ihrer Zeit und ihre persönliche Situation.
Sie war eine Frau. In einer Zeit, als Frauen schutzlos waren, schutzloser als heute. Eine Frau musste verheiratet sein, gut versorgt vom Mann, eine gute Köchin musste sie sein, Gebärmaschine. War sie es nicht, galt sie nichts in der Gesellschaft. Weniger als nichts.
Karoline war nicht verheiratet.
Ihr Vater, verarmt, von kleinem Adel, Beamter, starb früh. Als Karoline alt genug war, aber noch viel zu jung, um schon auf das Leben verzichten zu können, wurde sie ins evangelische Damenstift zu Frankfurt am Main gesteckt. So war sie wenigstens versorgt. Es gibt herzzerreißende Briefe Karolines an die Freunde von draußen.
Draußen, das war Welt, das war Leben, das erträumte. Frei wollte sie sein, wenigstens das, nach der erstickten Französischen Revolution. Ihr Leben im Schreiben einrichten, das "andere" Leben leben. Sie war wohl 17, als sie die Brentanos traf. Clemens, in den sie sich verliebte, erkannte ihr Talent, er half ihr literarisch. Schockierend für ihn: Als Ehefrau kam sie nicht in Frage, sie war zu selbstständig, sie suchte den Kameraden im Geliebten, nicht den Mann und Vormund, zu dem sie aufblicken musste, sie war unfähig, sich unterzuordnen. Überspannt nannte er sie.
Savigny tritt in ihr Leben. Auch ihn stört ihr Kardinalfehler: ihr selbstbewusstes Denken, unterbrochen immer wieder von Zeiten des Zagens, des Verzagens, des Verzweifelns. Warum war sie nicht wie andere Frauen? Dann hätte sie ihr Auskommen gehabt, könnte sie selbst sein, die Dichterin Karoline.
Savigny heiratet Gunda, Clemens Schwester. Von nun an quält Savigny die arme Karoline. In Briefen, einige sind erhalten. Er nennt sie sein Günderrrödchen.
Karoline, mutig, gibt unter dem männlichen Pseudonym Tian eine Gedichtsammlung heraus. Ein Hofmeister zerfetzt sie.
Sie lernt Creuzer in Marburg kennen. Creuzer, verheiratet mit der Witwe seines Amtsvorgängers, ist von schwankendem Selbstbewusstsein, stammt aus kleinen Verhältnissen, Savigny hat sein Studium finanziert. Er behandelt Karoline als Gleichwertige, als Freundin, sie sind eines Geistes. Er will sich scheiden lassen, täglich erlebt er in seinem Hause ein bürgerliches Trauerspiel mit Sophie, seiner Frau. Sie kopiert Karolines Briefe, so sind einige erhalten worden.
Freunde mischen sich ein. Karoline wartet auf den geliebten Mann. Creuzer, der keinen Ausweg sieht, denkt an Selbstmord. Das Buch, das beide planen, "Melete", erscheint nie. Karoline sieht ihre Welt nüchtern, sie denkt über einen im frühen Kapitalismus soeben geborenen
Vorgang nach: Selbstentfremdung. Karoline steht sich selbst fern. Sie schreibt: "Die Erde ist mir Heimat nicht geworden."
Creuzer wird krank, in seinem Fieber schreibt er einen Abschiedsbrief. Karoline erhält ihn wider den Willen der Freunde. Sie wohnt für ein paar Wochen in Winkel am Rhein, bei den Brentanos. Sie schreibt ein paar Zeilen, verabschiedet sich zu einem Spaziergang. Man bemerkt ihre Abwesenheit, findet sie, einen Dolch in der Brust, am Ufer des Rheins.
Karolines beste Freundin war Bettina von Brentano. Jahrzehnte später schreibt sie ein Buch über Karoline, es ist ein ehrliches Buch, Bettina hat die Freundin geliebt. Wenn einer sie jemals geliebt hat. Diese Biographie schrieb: Karoline (2008-02-10)
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