Der US-Schriftsteller John Dos Passos (geb. 1896 in Chicago) war portugiesischer Abstammung. Europa lernte er schon als Schüler auf einer Bildungsreise kennen. Nach seinem Studium meldete er sich im 1. Weltkrieg freiwillig zum Sanitätsdienst in Frankreich. Mit dem Kriegsroman „Drei Soldaten“ machte er 1921 erstmals auf sich aufmerksam.
Seinen Durchbruch erzielte er mit „Manhattan Transfer“ (1925), mit dem er den modernen Großstadtroman mitbegründete. Hauptfigur des Werkes ist allein die Großstadt in ihrer Vielschichtigkeit. Um ihr gerecht zu werden, wandte Dos Passos bis dahin unbekannte Techniken kaleidoskopartiger Darstellung an, die teils ihr Vorbild im zeitgenössischen Film haben, teils in den Bewusstseinsstrom einzelner Figuren eintauchen. Stilistisch verrät das Werk darüber hinaus sowohl Einflüsse des Impressionismus wie des Expressionismus.
Dos Passos’ Hauptwerk wurde die „USA-Trilogie“, veröffentlicht von 1930 – 1936 und bestehend aus den Einzeltiteln: „Der 42. Breitengrad“, „Neunzehnhundertneunzehn“, „Die Hochfinanz“. Der Autor entwirft hier ein umfassendes Panorama der amerikanischen Gesellschaft der ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, breiter angelegt als „Manhattan Transfer“, stilistisch insgesamt wieder mehr realistischem Erzählen verpflichtet, in der Tendenz scharf gesellschaftskritisch. Die Struktur wird von abschnittsweise erzählten Lebensläufen ausgewählter typischer amerikanischer Zeitgenossen bestimmt. Als Überleitung zwischen den Kapiteln (die nicht so heißen) dienen Passagen bruchstückhafter Zeitungsmeldungen („Weltwochenschau“) und sowohl experimentell als auch impressionistisch anmutende Streiflichter auf markante Orte und Geschehnisse („Das Kamera-Auge“). Dazu kommen noch einzelne literarisierte Biographien prominenter Amerikaner (Edison, Hearst, Frank Lloyd Wright u.a.).
Dos Passos sympathisierte eine Zeitlang mit dem Kommunismus. Eine Reise in die UdSSR 1928 sowie Erfahrungen im Spanischen Bürgerkrieg führten bei ihm zu zunehmender Distanz. Er veröffentlichte bis zu seinem Tod (Baltimore 1970) noch eine große Zahl weiterer Bücher, konnte jedoch nicht mehr an seine früheren Erfolge anknüpfen. Hervorzuheben verdient vor allem noch die sehr detaillierte Darstellung der Präsidentschaft von Woodrow Wilson („Mr. Wilson’s war“, 1962, dt. „Wilsons verlorener Friede“).
Dos Passos war nicht nur Schriftsteller, sondern auch ein sehr produktiver Zeichner und Maler, ohne hier vergleichbare Resonanz zu haben.
Weitere Werke auf Deutsch:
Jahrhundertmitte, Roman (1963)
Die großen Tage, Roman (1965)Diese Biographie schrieb: Arno Abendschön (2010-12-29)
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