Kenon
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Eröffnungsbeitrag |
Abgeschickt am: 26.04.2005 um 10:56 Uhr |
"Hart ist das Leben" (S.252), nicht nur für Toivola-Jussi, "auch -Juha oder -Janne" (S.57) genannt, der ein einfacher Bauer ist, geboren gegen 1860 im damaligen Großherzogtum Finnland, "durchaus nicht schwachsinnig" (ebd.), dennoch von geringem Denkvermögen. In "Sterben und Auferstehen" (1919) ermöglicht es Sillanpää (1888-1964) dem Leser, Juhas Leben von der Geburt bis zum Tode zu begleiten - als Exempel für einen Mann aus dem Volke, der sein Schicksal tragen muss; und er trägt es. Auch wenn Sillanpää feststellt: "Grau war die Grundfarbe des Lebens" (S.88), so ist es für Juha nicht durchweg eintönig. Der Weg, auf dem er geht, ist schmal und bescheiden, doch liegt er in einer für Finnland so wichtigen Epoche: Die Loslösung von der Russischen Krone, der revolutionäre Übergang von der Monarchie zur Republik (1917), der anschließende Bürgerkrieg, in welchem auch Juha seine Rolle spielt.
"Stirbt das Kind frühzeitig, so ist das im allgemeinen eher ein freudiges Ereignis, ein freudigeres als seine Geburt" (S.76) ist eine der Wahrheiten des Volkes, die dem heutigen Leser ein wenig grausam erscheinen wird, doch ist dies nur die nordische Gleichmut gegenüber den Unvermeidlichkeiten des Lebens. Wo sie nicht ausreicht, verspricht der Branntwein die Linderung vieler Sorgen... oder der Glaube an überirdische Kräfte: "Auch Gott vererbt sich von Geschlecht zu Geschlecht, aber er vererbt sich nicht durch des Lehrers Mund, sondern durch schwere Heimsuchungen in den dunklen Tiefen des Volkslebens" (S.130).
Frühling, Sommer, Herbst und Winter - das Leben scheint jedes Jahr gleich und alle Freuden sind kurz, in Finnland besonders auch die der warmen Jahreszeiten. Wenn sie nicht von ihrem schweren Alltag in Anspruch genommen werden, ziehen sich die Menschen aus der Wirklichkeit in ihre Gedankenwelten zurück: "Der Augenblick fließt über von Harmonie; Felder und Wälder verkünden, daß die Menschen ihre glücklichsten Jahre im Geiste verbringen" (S.182)
"Sterben und Auferstehen" beginnt ein wenig verwirrend, es konfrontiert den Leser mit einer Vielzahl von Gestalten, die ihn nur überfordern können, da ihnen der Autor kein wirkliches Gesicht gibt; dann aber findet alles seine Form - ist nicht genau dies der Gang des Lebens, die Entwicklung eines neugeborenen Kindes, für welches noch alles möglich scheint, zu einem in sich selbst erstarrten Wesen, für das es dennoch immer und immer wieder überraschende Wendungen gibt?
Wer den Norweger Hamsun liebt, wird auch in Sillanpää eine geistige Heimat finden. Karger ist sie, ein wenig schwermütiger, trotz allem aber nicht ohne ihren eigenen, ganz besonderen Humor.
Sillanpää erhielt im Jahre 1939 für "Sterben und Auferstehen" den Nobelpreis für Literatur. Er ist vor allem auch als ein politisches Zeichen zu sehen: Im selben Jahr wurde Finnland von der Sowjetunion überfallen und damit erneut in seiner Eigenständigkeit gefährdet.
"Im Rachen des Wolfes liebt niemand seinen Nächsten" (S.193)
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe:
Frans-Eemil Sillanpää, Sterben und Auferstehen, Coron-Verlag Zürich, o.J.
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