Biographien Rezensionen Diskutieren im versalia-Forum Das versalia.de-Rundschreiben abonnieren Service für Netzmeister Lesen im Archiv klassischer Werke Ihre kostenlose Netzbibliothek

 


Rezensionen


 
Tatiana Silla - Triestiner Kulinarium
Buchinformation
Silla, Tatiana - Triestiner Kulinarium bestellen
Silla, Tatiana:
Triestiner Kulinarium

Bei amazon bestellen

(Bücher frei Haus)

Die Trinità der triestinischen Küche umreißt die gebürtige Trientinerin Tatiana Silla mit den folgenden Einflüßen: „Die erste ist ein Erbe der volkstümlichen Küche des Karsts und der angrenzenden slowenischen und istrischen Gegenden. Die zweite beinhaltet die feine, bürgerliche Küche, die von den Familien der Beamten und Militärs des Habsburgerreiches eingeführt wurde, aber auch von bedeutenden Kaufleuten aus Dalmatien, Griechenland und der Türkei. Die dritte Schicht ist schließlich das Erbe einer äußerst anspruchsvollen internationalen Küche, die auf den Schiffen des österreichischen Lloyd gepflegt wurde“. Die gerne als „Polentoni“ (Polenta-fressende) bezeichneten Norditaliener haben kulinarisch nämlich trotz der gegenteiligen Aussagen der Terroni (terminologisches Gegenstück für die Süditaliener: Erdhocker) einiges zu bieten, das beweist erneut die Übersetzerin und Herausgeberin Silla, die eigentlich Philosophie studiert hat und in Triest geboren wurde, aber heute in Wien lebt.
Die Triestiner Küche neige aber tatsächlich eher zum Süßen als zum Pikanten gibt auch die Autorin bereitwillig zu, sie nahm ihren Ursprung ja auch in den Caffès und Konditoreien der Stadt. In einem Buch über das kulinarische Triest dürften aber auch deren Gourmets nicht fehlen und oft decken sich die Namen dieser mit denen der bekanntesten Schriftsteller. Tatiana Silla bietet in ihrem Buch nicht nur dem Gaumen so einige Genüsse, sondern - als „literarische Jausen“ getarnt - auch dem Gehirn. Triest gilt etwa als Heimat des „buffet“, obwohl der Ursprung des Begriffes bis heute nicht ganz geklärt werden konnte. Die Triestiner haben das buffet wohl seit der Besetzung durch Napoleons Truppen übernommen und ihn in eigens dafür hergerichteten Lokalen kultiviert. Kredenzt werden hier vor allem deftige Speisen, wie etwa porzina (Schweinkamm) Würstel aus der Kranj, Zunge, Kaiserflesich, Schinken oder capuzi garbi (Sauerkraut), dazu ein Terrano del Carso und der Tag ist wieder dein Freund. Ein eigenes Kapitel zu Antipasti öffnet den Magen und das Gehirn für ein Interview mit Bobi Bazlen, das dem hungrigen Leser vor den Primi gefällig gereicht wird. Also primi findet man nicht regional typische Perlgraupen-Suppe (orzo), sondern auch Knödel, Ragu und Kartoffelstrudel (!). Anschließend könnte einem die Geschichte über die Herkunft der Pasta gleich Appetit auf noch einen primo machen, auch wenn der Futurist Tommaso Marinetti einen Pistolenschuß auf einen Teller derselben abgegeben haben soll und sie als „absurde gastronomische Religion Italiens“ zumindest ideologisch - nicht aber gastronomisch - verschmäht habe.
Diese und weitere amüsante Geschichten – etwa auch über die Herkunft des Reiskorns – bereitet die Autorin zu einem Koiné aus verschiedenen Kulturen und Einflüssen, die über die Secondi bis hin zu den Dolci mundig gereicht werden. Als „Kinder des Windes“ hatte der Poet Umberto Saba einst die Triestiner bezeichnet, und wahrlich wird man auch in einem Brief von Sigmund Freud aus Triest der wahren Natur der K. u. K. Hafenstadt gewahr wird. Auch Stendhal beklagte sich über die „Stadt der Bora“ und behauptete sogar, sich wegen dem starken Wind Triests sich zwanzig Mal die Beine gebrochen zu haben. Dagegen hilft sicherlich das Orangepunch Rezept, der ponce all`arancia oder ein kräftiger Liquore coi ovi, ein Eierlikör. Mit diesem Rezeptbuch aus Triest kommen also nicht nur die Fischliebhaber auf ihre Rechnung, sondern auch Literaturliebhaber und andere Gourmets der Extraklasse. Besonders erwähnenswert ist noch die liebevolle Gestaltung des Covers sowie des Inneren des Buches, das auch durch schöne Illustrationen und Fotografien Interesse weckt für die wohl vernachlässigste Stadt Italiens, die nach „Vanille, Zimt und Schokolade“ riecht, besonders dann, wenn die Bora wieder einmal ganz stark bläst...

Tatiana Silla
Aus dem Italienischen von Britta Cacioppo und Augustinus Semelliker
Triestiner Kulinarium
Mit 150 Rezepten
244 Seiten Format 15x23
22.90 € | 39.50 Chf
ISBN: 978385476-204-1

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2010-07-02)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


-> Möchten Sie eine eigene Rezension veröffentlichen?

[ weitere Rezensionen : Übersicht ]

 

Anmelden
Benutzername

Passwort

Eingeloggt bleiben

Neu registrieren?
Passwort vergessen?

Neues aus dem Forum


Gedichte von Georg Trakl

Verweise
> Gedichtband Dunkelstunden
> Neue Gedichte: fahnenrost
> Kunstportal xarto.com
> New Eastern Europe
> Free Tibet
> Naturschutzbund





Das Fliegende Spaghettimonster

Ukraine | Anti-Literatur | Datenschutz | FAQ | Impressum | Rechtliches | Partnerseiten | Seite empfehlen | RSS

Systementwurf und -programmierung von zerovision.de

© 2001-2024 by Arne-Wigand Baganz

v_v3.53 erstellte diese Seite in 0.006081 sek.